Die griechische Regierung muss dem Internationalen Währungsfonds (IWF) bis Ende Juni 1,6 Milliarden Euro zurückerstatten. Der IWF schliesse weitere Verzögerungen bei den fälligen Rückzahlungen Griechenlands aus, sagte IWF-Chefin Christine Lagarde. Es werde «keinen Zahlungsaufschub» geben.
Der IWF hatte Athen Anfang des Monats erlaubt, über den gesamten Monat fällige Rückzahlungsraten gebündelt erst Ende Juni zu zahlen.
Der IWF ist neben den Euro-Staaten Hauptgläubiger Griechenlands und hat auch ein eigenes Hilfsprogramm für das Land laufen. Athen verhandelt seit Monaten mit seinen internationalen Geldgebern über die Bedingungen für die Auszahlung ausstehender Finanzhilfen von 7,2 Milliarden Euro.
Umstrittene Renten
Streit gibt es unter anderem über von den Gläubigern geforderte Einschnitte bei den Renten und die Erhöhung der Mehrwertsteuer. Nun drängt die Zeit, weil das Hilfsprogramm Ende des Monats ausläuft. Griechenland droht dann der Staatsbankrott. Der IWF sei bei den Renten «zu einer Diskussion bereit», sagte Lagarde. «Die kleinen Renten sollten erhalten bleiben.»
Sie rief die griechische Regierung eindringlich dazu auf, das Rentensystem des Landes zu reformieren. Zugleich müssten aber die Rentner mit geringem Einkommen geschützt werden. Es brauche deshalb einen intelligenten Ansatz von IWF, Euro-Staaten und griechischer Regierung, sagte Lagarde.
Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras schreibt in einem Gastbeitrag im «Tagesspiegel», seine Regierung habe bereits mehrere Vorschläge zur Reform des Rentensystems gemacht, darunter die Abschaffung von Frühverrentungen. Die Forderung der Geldgeber, 2016 die Ausgaben des Rentensystems um ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu kürzen, wies er hingegen zurück.
Heute kommen die Euro-Finanzminister in Luxemburg zu ihrem letzten planmässigen Treffen vor dem Ende des griechischen Hilfsprogramms zusammen.
«Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg»
Derweil setzt die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel im Schuldenstreit weiter auf eine Einigung. «Ich bin unverändert davon überzeugt: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Wenn die politisch Verantwortlichen in Griechenland diesen Willen aufbringen, dann ist eine Einigung mit den drei Institutionen immer noch möglich.» Das sagte Merkel im deutschen Bundestag zum bevorstehenden EU-Gipfel.
«Merkel und ihre Regierung glauben an eine Einigung, so SRF-Korrespondent Adrian Arnold in Berlin. «Sie wollen Griechenland auch unbedingt in der Eurozone halten, weil sie sonst ein allmähliches Auseinanderbrechen Europas befürchten.» Jetzt sei aber Griechenland am Zug. Dies hätte Merkel heute unmissverständlich klar gemacht.
«Beispielloses Mass an europäischer Solidarität»
Zugleich machte die Kanzlerin deutlich, dass die Euro-Zone inzwischen gestärkt sei. Europa werde heute ganz anders mit der Lage in Griechenland fertig, als es vor fünf Jahren der Fall gewesen wäre: «Europa ist also unstrittig robuster geworden.»
Griechenland sei bereits auf einem guten Weg gewesen. Immer wieder seien aber notwendige Reformen verschleppt worden, die Voraussetzung für den Abschluss des zweiten Rettungsprogramms bis Ende Juni sind.
«Griechenland ist in den letzten fünf Jahren ein beispielloses Mass an europäischer Solidarität zuteil geworden», sagte die Kanzlerin. Andere Länder wie Spanien, Portugal und Irland stünden nach dem Prinzip «Hilfe im Gegenzug zu eigenen Anstrengungen» wieder auf eigenen Beinen. Auch Zypern sei auf gutem Weg. «Diese Länder haben ihre Chancen genutzt.»