An der Klimakonferenz in Marrakesch hat Umweltministerin Doris Leuthard in ihrer Rede für eine entschlossene Umsetzung des Pariser Klimaschutz-Abkommens plädiert. Die Idee des Klimagipfels war es, ein Regelbuch für den globalen Klimaschutz aufzusetzen. Doch kurz vor dem Ende des Gipfels seien schon viele Delegationen abgereist, dabei seien noch viele technische Fragen offen, sagt Leuthard.
SRF News: In Ihrer Rede haben Sie teilweise einen unzufriedenen Eindruck gemacht. Warum?
Umweltministerin Doris Leuthard: Wir sind nach Marrakesch gekommen, um zu arbeiten. Es gibt noch sehr viele technische Fragen, die man klären muss. Und wir waren enttäuscht, dass diese Verhandlungen beendet wurden. Deshalb ist die Hälfte der Delegationen schon nicht mehr hier.
Das Pariser Klimaabkommen ist ein grosser Kompromiss. Ist er am Wanken?
Nein. Das Tolle daran ist, dass es viel schneller in Kraft getreten ist als erwartet. Offenbar ging es zu schnell, als dass man sich detailliert auf die Klimakonferenz in Marakesch hätte vorbereiten können. Die technischen Fragen waren noch nicht reif, um darüber verhandeln zu können. Deshalb haben wir zwei Seelen in unserer Brust: Einerseits ist es toll, dass das Pariser Abkommen schon in Kraft ist. Schlecht ist, dass wir jetzt mit der Arbeit im technischen Bereich beginnen müssen.
Es gibt noch sehr viele technische Fragen, die man klären muss.
Wo haben Sie sich in den Verhandlungen eingebracht?
Wir hatten sehr viele Fragen rund um die Transparenz und die Datenlage. Es ging darum, dass man nicht Äpfel mit Birnen vergleicht. Wir haben auch Anliegen bei der Finanzierung: Wir Staaten können das Klima-Engagement für 100 Milliarden Dollar jährlich nicht tragen. Wir brauchen das Engagement des Privatsektors, etwa der Industrie und der Finanzinstitute dazu. Nicht zuletzt setzt sich die Schweiz auch dafür ein, dass die Subventionen für die fossile Energie, die immer noch 500 Milliarden Dollar jährlich ausmachen, umgelagert werden.
Die Schweiz hat ihre Emissionen pro Kopf massiv reduziert, und das trotz Bevölkerungs-, Wirtschafts- und Mobilitätswachstum.
Laut UNO-Analysen unternehmen alle Länder noch zu wenig, um die Klimaerwärmung in den Griff zu bekommen – auch die Schweiz.
Wir sind eines der wenigen Länder, die schon beim ersten und beim zweiten Abkommen von Kyoto mitmachen. Die Schweiz hat ihre Emissionen pro Kopf massiv reduziert, und das trotz Bevölkerungs-, Wirtschafts- und Mobilitätswachstum. Aber natürlich hat sich auch die Schweiz ambitionierte Ziele gesetzt: Bis 2030 Minus 50 Prozent gegenüber 1990. Das Parlament wird nächstes Jahr die Revision diskutieren und entscheiden müssen, ob es bereit ist, die Beschlüsse von Marrakesch in den Bereichen Transport, Gebäude und auch der Landwirtschaft zu unterstützen, nämlich einen Ausstieg aus der Kohle bis 2050.
Das Gespräch führte Klaus Ammann in Marrakesch.