Am Sonntag hat eine Gruppe schwer bewaffneter Männer das Parlament in der libyschen Hauptstadt Tripolis gestürmt. Bei den Angreifern handelt es sich um abtrünnige Soldaten, die sich selbst als libysche Nationalarmee bezeichnen.
Laut der Nachrichtenagentur Lana sperrten die aufständischen Soldaten zunächst alle Strassen zum Parlament. Dann stürmten die Männer, in die Luft schiessend, das Gebäude. Berichte über entführte Parlamentarier wurden bisher nicht bestätigt.
Die Truppen stehen unter dem Kommando des früheren Generalmajors Chalifa Haftar. Laut einem Sprecher hat die Gruppe das Ziel, islamistische Milizen und deren Unterstützer aus dem Land zu vertreiben.
Ein Sprecher der Truppe sagte, man wolle nun auch in Bengasi gegen die Islamisten vorgehen: «Wir haben Einheiten in der ganzen Stadt», betonte er. «Parlamentarier, die extremistische Milizen unterstützen, sollen sich ergeben.»
Libyen versinkt in der Anarchie
Haftar hatte am Freitag in Eigenregie eine Militäroperation gegen radikal-islamische Brigaden in Bengasi gestartet und am Sonntag ausgeweitet. Nach Berichten lokaler Medien hat die Offensive mindestens 75 Menschenleben gefordert, 141 wurden verletzt. Haftar nannte den Einsatz eine «Säuberungsaktion».
Die Regierung in Tripolis kritisierte das Vorgehen des selbsternannten Kommandanten auf Schärfste. Aus Furcht vor neuer Gewalt und Luftschlägen verhängte die Führung ein Flugverbot über Bengasi.
Grosse Teile Libyens haben sich seit der Revolution und dem Sturz und Tod von Ex-Machthaber Gaddafi zu einem rechtsfreien Raum entwickelt.
Aus den damaligen «Revolutionsbrigaden» sind schwerbewaffnete Milizen hervorgegangen, die nicht bereit sind, ihre Macht wieder abzugeben. Die Übergangsregierung blieb bei ihren Bemühungen bisher erfolglos, die Gruppen zu entwaffnen oder in die Politik zu integrieren.