Sie stoppten den Schützen, der mit einer Kalaschnikow in einem Schnellzug um sich schoss: Nun feiern Frankreich und die USA die mutigen Passagiere als Helden. Unter Lebensgefahr hatten sie den Schützen im Thalys-Zug überwältigt. Ihrer Courage und Beherrschung habe man viel zu verdanken, sagte der französische Innenminister Bernard Cazeneuve.
Insgesamt waren laut Cazeneuve fünf Fahrgäste an der Aktion gegen den Schützen beteiligt – ein Franzose, zwei US-Soldaten in Zivil und ein befreundeter amerikanischer Student sowie ein britischer Geschäftsmann.
Einladung in den Élyséepalast
US-Präsident Barack Obama lobte, die Passagiere hätten mit ihren «heldenhaften Taten» möglicherweise eine weitaus schlimmere Tragödie verhindert. Frankreichs Staatschef François Hollande lud sie für die kommenden Tage in den Élyséepalast ein, während französische Medien ihnen bereits den Ehrentitel «Helden des Thalys» verliehen. Und auch Nato-Oberbefehlshaber Philip M. Breedlove zeigte sich «extrem stolz» auf die beteiligten Militärs.
Die Schüsse fielen, als der Thalys-Zug gerade durchs belgisch-französische Grenzgebiet fuhr. Beim Schützen handelt es sich um einen 25-jährigen Marokkaner mit islamistischem Hintergrund, wie aus Polizeikreisen verlautete. Spanische Behörden hätten den Marokkaner den französischen Stellen als Islamisten gemeldet, hiess es weiter. Der Schütze selbst bestreitet offenbar terroristische Absichten.
«Geschlagen, bis er bewusstlos war»
Der französische Innenminister Cazeneuve schilderte den Ablauf der Ereignisse im Zug wie folgt: Der Franzose sei auf dem Weg zur Toilette gewesen, als der Mann mit der Waffe plötzlich vor ihm stand. Er versuchte, ihn zu stoppen, dann fielen Schüsse.
Die Soldaten kamen zu Hilfe: «Wir haben ihn gegen den Kopf geschlagen, bis er bewusstlos war», sagte Nationalgardist Alek Skarlatos. Der US-Sender CNN verbreitete ein Video, das den Schützen mit nacktem Oberkörper und gefesselten Armen auf dem Boden des Zugs zeigen soll. «Wir haben alle extrem Glück gehabt», betonte der britische Geschäftsmann Chris Norman. «Ich glaube, dass seine Waffe eine Ladehemmung hatte.»
Der US-Soldat Spencer Stone wurde mit einem Cutter-Messer verletzt. Ein Schuss traf einen Franko-Amerikaner an seinem Platz. Stone konnte das Krankenhaus inzwischen wieder verlassen.
Nach Syrien gereist
Der Fall liegt nun in den Händen der für Terrorismus zuständigen Pariser Staatsanwaltschaft, auch in Belgien wird ermittelt. Der Verdächtige wird in einem Vorort von Paris verhört. Er hatte auch eine automatische Pistole und zehn Magazine bei sich.
Nach Angaben der spanischen Ermittler lebte der Mann sieben Jahre lang in Spanien – zunächst in Madrid, dann bis 2014 in Algeciras, dann sei er über Frankreich ins Bürgerkriegsland Syrien gereist. Am 10. Mai hielt er sich nach Erkenntnissen der französischen Behörden in Berlin auf. Von hier aus sei er in die Türkei geflogen, nach seiner Rückkehr habe er dann in Belgien gewohnt.
Nach Informationen der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» aus deutschen Sicherheitskreisen soll der Mann im Mai möglicherweise an Aktionen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien teilgenommen haben.