Was ist passiert? China dringt mit Militärflugzeugen in Taiwans Luftraumüberwachungszone ein, die sogenannte ADIZ (Air Defense Identificaton Zone). Nachdem schon am chinesischen Nationalfeiertag am 1. Oktober 39 Mal in die Zone eingedrungen wurde, waren es am Montag 52 Militärflugzeuge. Als Reaktion darauf aktivierte Taiwan seine Raketenabwehr und verwarnte die chinesischen Piloten per Funk.
Warum tut China das? In Peking werden die Flüge als Warnung an Taiwan und die USA verstanden. Die Sprecherin des Aussenministeriums Hua Chunying sagte gemäss einer Meldung der Nachrichtenagenturen, die USA sollten aufhören, die Unabhängigkeitskräfte in Taiwan zu unterstützen. SRF-China-Korrespondent Martin Aldrovandi erklärt es so: «Zum einen ist es eine Machtdemonstration. Taiwan – die Bevölkerung und auch die Regierung – sollen eingeschüchtert werden.» Zum anderen solle das taiwanesische Militär quasi ermüdet werden, muss es doch jedes Mal selbst Jets losschicken, wenn China in Taiwans Luftverteidigungszone eindringt.
Wie ist das Verhältnis zwischen China und Taiwan? Taiwan sieht sich selbst als unabhängig, wird aber von China international isoliert. Die chinesische Führung betrachtet die Inselrepublik als «untrennbaren Teil» der Volksrepublik China. China drohte gar mit einer gewaltsamen Eroberung, um eine Wiedervereinigung zu erreichen.
Wie reagiert Taiwan? Regierungschef Su Tseng-chan sagte vor Journalisten in Taipeh: «Taiwan muss wachsam sein, während China zu weit geht.» Die Welt sehe, dass China wiederholt den Frieden in der Region untergrabe und Taiwan unter Druck setze.
Wie reagiert die taiwanesische Bevölkerung? «Obwohl die Bedrohung durch China schon seit Jahrzehnten da ist und man sich schon daran gewöhnt hat», gebe es auch Leute, die sich Sorgen machten, sagt Aldrovandi. China zeige den Menschen, zu was es fähig ist. Diese Flüge verstärkten jedoch die Abneigung der meisten Taiwanerinnen und Taiwaner gegenüber Peking. Einen Krieg erachtet der Korrespondent zurzeit allerdings als unwahrscheinlich.
Kommt es mittel- oder langfristig zu einer (Wieder-)Vereinigung zwischen China und Taiwan? SRF-Korrespondent Aldrovandi sagt dazu: Es dürfte China bewusst sein, dass ein grosser Teil der taiwanesischen Bevölkerung sich nicht mit China vereinigen wolle. China gehe es womöglich auch darum, dass die Taiwanesinnen und Taiwanesen eines Tages keine andere Möglichkeit mehr sähen, als sich China anzuschliessen.