Das Wichtigste in Kürze:
- Die EU-Kommission hat vor EU-Gericht wegen der Ablehnung der Europäischen Bürgerinitiative «Minority SafePack» eine Schlappe erlitten.
- Das EU-Gericht kritisiert, die Ablehnung der Kampagne zum Schutz nationaler Minderheiten sei unzureichend begründet. Die Kommission müsse sie erneut prüfen.
- Das EU-Gericht wirft der Kommission vor, das Instrument der Bürgerinitiative zu gefährden statt zur Teilnahme am demokratischen Leben zu ermutigen.
- Die grundsätzliche Frage, ob Minderheitenschutz künftig Sache der EU sein soll oder den einzelnen Staaten überlassen bleibt, entschied das EU-Gericht nicht.
Von den Basken über die Korsen zu den Roma oder Südtirolern ist man sich einig, dass der Schutz der Minderheiten in der EU unzureichend ist. Deshalb starteten vor vier Jahren Mitglieder der Union der europäischen Minderheitenvölker eine Bürgerinitiative: das so genannte «Minority SafePack – one million signatures for diversity in Europe» zum Schutz von Minderheiten und Regionalsprachen.
Ein bedeutendes Anliegen
Gefordert wurde etwa ein Aktionsplan zum Erhalt der kulturellen Vielfalt und der Minderheitensprachen, bessere Medienpräsenz und besseren Medienzugang für die Minderheiten. Ebenso möchten die Minderheiten bei europäischen Regionalprojekten mitreden.
In Europa gebe es Lücken beim Minderheitenschutz, beispielsweise bei den Roma, bei denen Diskriminierung und soziale Ausgrenzung weit verbreitet seien, so die Initiative. Die EU müsse tätig werden und dürfe die Minderheitenpolitik nicht nur den einzelnen Nationalstaaten überlassen.
EU-Gericht: Ablehnung unzureichend begründet
Doch die EU-Kommission wies die Bürgerinitiative der Minderheiten-Union zurück. Der Schutz der Minderheiten sei selbstverständlich ein Anliegen der EU, doch diese Förderung, wie sie die Initiative verlange, sei Sache der einzelnen Staaten und liege ausserhalb der Kompetenz Brüssels. Auch sähen die europäischen Verträge solche Massnahmen gar nicht vor.
Das mag sein, meinte heute das EU-Gericht, aber der Entscheid der EU-Kommission, die Bürgerinitiative nicht zuzulassen und die Sammlung von einer Million Unterschriften dafür zu verbieten, sei trotzdem nicht rechtens. Denn die EU-Kommission habe nicht erklärt, welche der geforderten Massnahmen nicht in ihre Zuständigkeit falle. Auch habe sie keine Gründe dafür angegeben.
Deutliche Rüge
Das Gericht rügte auch die Kommission: Sie gefährde mit ihrer ungenügenden Rückweisung das Instrument der europäischen Bürgerinitiative, statt die Bürger zur Teilnahme am demokratischen Leben zu ermutigen.
Jetzt muss die EU-Kommission noch einmal über die Bücher und das Urteil des Gerichts berücksichtigen. Allerdings entschied das Gericht nicht im Grundsatz, ob der Schutz der Minderheiten in Europa künftig generell eine Sache der EU sein soll oder weiterhin den Nationalstaaten überlassen wird.