US-Präsident Donald Trump sieht positive Signale aus Moskau hinsichtlich einer möglichen Waffenruhe in der Ukraine. Jetzt will er persönlich mit Russlands Präsident Wladimir Putin sprechen.
Doch wie läuft ein solches ab? Wird das tatsächlich noch am Telefon gemacht oder per Videocall? Der ehemalige Schweizer Diplomat, Thomas Borer, weiss es. Er war unter anderem in Deutschland und in den USA bei hochrangigen Telefonverhandlungen dabei.
SRF News: Wie läuft ein Telefonat der beiden Staatsoberhäupter Trump und Putin ab?
Thomas Borer: Das wird meistens Tage im Voraus von Diplomaten auf unterer Stufe vereinbart. Beide Herren haben sehr volle Agenden, und die Zeitverschiebung gibt es ja auch noch. Dann sitzen sie in einem abhörsicheren Raum, meist umgeben von einigen Mitarbeitern. Früher waren es wirklich Telefonate. Heute sind es natürlich oft auch Videoübertragungen wie Zoom oder anderes, aber mit nachrichtendienstlich sicherer Verbindung.
Gehen wir das Schritt für Schritt durch. Was muss konkret vorbereitet werden?
Die eine Seite wird sich auf unterer Stufe an die andere Seite wenden und sagen: Mein Präsident möchte in den nächsten Tagen mit ihrem Präsidenten sprechen und erläutern, worum es dabei gehen soll. Die Anfrage wird geprüft und eine Rückmeldung gegeben, zum Beispiel in Form einer Bestätigung mit Terminvorschlägen. Es kann auch sein, dass die andere Seite sagt, über A, B und C will mein Präsident sprechen, über D aber nicht. Danach wird das Gespräch vereinbart. Beide Seiten werden ihre Präsidenten mit Akten- und Gesprächsnotizen vorbereiten, worin detailliert Standpunkte und Fragen aufgelistet sind.
Das Gespräch geht los. Gibt es Smalltalk?
Es werden natürlich wie bei anderen Gesprächen Höflichkeiten ausgetauscht. Erst dann findet das Gespräch statt.
Verschiedene Personen lauschen dem Gespräch. Wie beeinflussen sie es?
Es ist üblich, dass Mitarbeiter durch kleine Notizen, die sie dem Präsidenten auf den Tisch legen, Einfluss nehmen. Ich nehme an, bei den beiden ist das relativ schwierig. Bundesräte waren oft dankbar für solche kurzfristigen Inputs.
Verändert sich der Ton im Laufe des Gesprächs? Geht es auch gehässig zu und her?
Ja, sicherlich. Beide sind sich bewusst, dass diese Gespräche aufgezeichnet werden, es Protokolle gibt und diese auch in Archive gehen und diese vielleicht in 50 Jahren von Historikern analysiert werden. Daher versucht man sachlich zu bleiben oder auch mal Härte zu zeigen, wenn es um Verhandlungen geht. Das nimmt man nicht auf die leichte Schulter.
Das Gespräch neigt sich dem Ende zu. Wer hat das letzte Wort?
Normalerweise bedankt sich derjenige, der das Gespräch gewünscht hat, für das Gespräch. Man vereinbart vielleicht, sich nochmals telefonisch oder per Videokonferenz zu unterhalten oder ein persönliches Gespräch zu machen. Man verabredet, dass die Sondergesandten auf unterer Ebene angesichts der jetzt vereinbarten Parameter die Verhandlungen weiterführen. Schliesslich verabschiedet man sich.
Die Treffen zwischen Trump und Putin – ein Überblick
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Bild 1 von 5. Es ist ihr allererstes Treffen: Präsident Donald Trump schüttelt dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am 7. Juli 2017 auf dem G20-Gipfel in Hamburg die Hand. Bildquelle: Keystone / Evan Vucci.
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Bild 2 von 5. Dann haben sich die beiden Staatschefs beim Gipfel der asiatisch-pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft im vietnamesischen Da Nang persönlich unterhalten (11.11.2017). Bildquelle: Keystone / Jorge Silva.
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Bild 3 von 5. Dieses Treffen in der finnischen Hauptstadt Helsinki fand am 16. Juli 2018 statt – es war das erste offizielle. Offiziell meint in diesem Kontext, ein Gespräch, mit dem Ziel, verbindliche Vereinbarungen oder Entscheidungen zu treffen. Bildquelle: Keystone / Mauri Ratilainen.
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Bild 4 von 5. Trump geht an Putin vorbei, als sie sich zu Beginn des G20-Gipfels in Buenos Aires, Argentinien, am 30. November 2018 zum Gruppenfoto versammeln. Bildquelle: Keystone / Pablo Martinez Monsivais.
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Bild 5 von 5. 28. Juni 2019: Die beiden Präsidenten grüssen sich während eines bilateralen Treffens am Rande des G20-Gipfels in Osaka, Japan. Seither gab es kein weiteres Zusammentreffen. Bildquelle: Keystone / Mikhail Klimentyev.
Wie geht es nach dem Gespräch weiter?
Auf beiden Seiten werden Follow-ups gemacht. Denn solche Gespräche werden aufgezeichnet. Es wird ein Protokoll erstellt und analysiert, was die Gegenseite will. Wo ist sie zum Beispiel bei den Verhandlungen hart? Was akzeptiert sie nicht als Verhandlungsgegenstand? Oder wo zeigt sie sich kompromissbereit? Das wird dann an die entsprechenden Ministerien und Drittparteien weitergegeben.
Das Gespräch führte Oliver Kerrison.