Fast 20 Jahre nach dem Völkermord von Srebrenica haben Angehörige der Opfer den niederländischen Staat auf Schadenersatz verklagt. Die Regierung sei haftbar für die Ermordung von muslimischen Männern und Buben, erklärten die Anwälte der «Mütter von Srebrenica» vor dem Zivilgericht in Den Haag.
Sie vertreten die Angehörigen von über 6000 Opfern des grössten Völkermordes in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg. Im Bosnien-Krieg hatten serbische Einheiten im Juli 1995 die UNO-Schutzzone Srebrenica überrannt und rund 8000 muslimische Männer und Jungen ermordet.
Die niederländischen UNO-Blauhelme hatten die Enklave den Serben unter Anführung des Generals Ratko Mladic kampflos übergeben. Der Ex-General und auch der ehemalige Serbenführer Radovan Karadzic müssen sich derzeit vor dem UNO-Kriegsverbrechertribunal zum früheren Jugoslawien in Den Haag für den Völkermord verantworten.
Unter UNO-Befehl
Die Kläger sind der Ansicht, dass die damalige Regierung den Blauhelmen befohlen hatte, vorrangig sich selbst in Sicherheit zu bringen und nicht die Flüchtlinge zu schützen. Ausserdem hätten die Soldaten den Serben ihre Waffen übergeben und bei Deportationen assistiert.
Die Anwälte der Niederlande wiesen das zurück. Die Dutchbat genannte Einheit stand demnach unter dem Befehl der UNO. Die Blauhelme hätten keine andere Wahl gehabt, als sich zu ergeben. Ein Urteil des Zivilgerichts wird erst in einigen Monaten erwartet.
Nicht die erste Klage
Die «Mütter von Srebrenica» waren im vergangenen Jahr mit einer Klage gegen die UNO vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof gescheitert. Im September 2013 hatten jedoch die Hinterbliebenen von drei Männern einen Prozess gegen den niederländischen Staat gewonnen. Der Hohe Rat, das höchste Gericht des Landes, hatte die Niederlande zu Schadenersatzzahlungen verurteilt.
Die Angehörigen zogen ebenfalls am Montag vor ein Gericht in Arnheim, um die strafrechtliche Verfolgung des damaligen Kommandanten von Dutchbat, Thom Karremans, zu erzwingen. Die Staatsanwaltschaft hatte ein Ermittlungsverfahren wegen Beihilfe zu Kriegsverbrechen abgelehnt.