SRF: Wie sieht der Rassismus gegen die Polen in Grossbritannien aus?
Jakub Krupa: Wir hören Nachrichten überall aus Grossbritannien, von Polen, aber auch anderen Ausländern, denen gesagt wird: Packt eure sieben Sachen und verschwindet aus dem Land. Alles in einer sehr rassistischen Sprache. Das hat wirklich eine neue Dimension erreicht.
Tun die Politiker genug, um dem Rassismus den Riegel zu schieben?
David Cameron, der abtretende Premier, aber auch Labourchef Jeremy Corbyn haben die Übergriffe verurteilt. Das reicht nicht. Es braucht auch klare Signale von der kommenden, neuen konservativen Regierung und allen politischen Parteien, dass diese Übergriffe nicht akzeptabel sind.
Die Polen wissen nicht, wie ihr arbeitsrechtlicher Status dereinst sein wird. Jetzt kommt der Rassismus dazu. Gehen Sie davon aus, dass viele Grossbritannien bald verlassen werden?
Gemäss einer Umfrage, die wir gemacht haben, wollen die meisten bleiben, Brexit hin oder her. Viele sind 5,6 oder 7 Jahre hier. Sie fühlen sich hier zu Hause. Wenn sich die Polen in Zukunft vielleicht aber mühsam Arbeitsvisen beschaffen müssen, wenn der Rassismus zunimmt, dann könnte sich das ändern. Vielleicht gehen sie dann zurück oder in ein anderes EU-Land. Und das sollte die Briten beunruhigen: Denn viele Polen, die hier leben, sind jung und hochqualifiziert.
Denkbar ist auch, dass die Polen versuchen, britische Bürger zu werden.
Absolut. Im Schnitt sind Polen seit 5 oder 6 Jahren hier – genug, um sich für den Pass zu bewerben. Bislang brauchten sie ihn nicht, denn als EU-Bürger hatten sie mit dem polnischen Pass praktisch die gleichen Rechte. Wenn die Briten aber die EU verlassen, könnte der britische Pass zum massiven Vorteil werden – er würde garantieren, dass man bleiben darf. Ich glaube also, viele Polen werden in den kommenden Wochen und Monaten versuchen, britische Bürger zu werden.
Das Gespräch führte Andrea Christen.