- Als Reaktion auf die Hinrichtung des deutsch-iranischen Doppelstaatsbürgers Djamshid Sharmahd schliesst die Bundesregierung alle drei iranischen Generalkonsulate in Deutschland.
- Wie das Auswärtige Amt mitteilte, handelt es sich um die diplomatischen Vertretungen in Frankfurt am Main, Hamburg und München.
- Iran hat die Schliessung verurteilt und aus Protest den Geschäftsträger der deutschen Botschaft einbestellt.
Vom Beschluss betroffen sind 32 iranische Konsularbeamte, die ihr Aufenthaltsrecht verlieren und ausreisen müssen, sofern sie nicht auch die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Aussenministerin Annalena Baerbock begründete den Schritt mit dem «menschenverachtenden Agieren» der iranischen Führung. «Dass nun im Lichte der jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten die Ermordung erfolgte, zeigt, dass ein diktatorisches Unrechtsregime wie das der Mullahs nicht in der normalen diplomatischen Logik agiert», sagte die Grünen-Politikerin.
Baerbock wies darauf hin, dass die Bundesregierung den Iran für den Fall der Hinrichtung immer mit schwerwiegenden Folgen gewarnt habe. Sie forderte die Freilassung der noch inhaftierten Deutschen, deren Zahl vom Auswärtigen Amt nicht bekanntgegeben wird.
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und Baerbock hatten die Hinrichtung schon am Montag scharf verurteilt. Baerbock kündigte «schwerwiegende Folgen» an und liess den Leiter der iranischen Botschaft in Berlin ins Auswärtige Amt einbestellen.
Iran bestellt deutschen Geschäftsträger ein
Der Iran hat die Schliessung der Generalkonsulate verurteilt und aus Protest den Geschäftsträger der deutschen Botschaft einbestellt. Die Entscheidung von Aussenministerin Baerbock, Iranern sowie Deutschen konsularische Dienstleistungen in Deutschland zu verweigern, sei «ungerechtfertigt», so das iranische Aussenministerium in einer Presseerklärung auf dem Internetportal «Iran Nuances».
Den Protest der Bundesregierung gegen die Hinrichtung Sharmahds nannte das Aussenministerium Einmischung in innere Angelegenheiten. Ob Teheran neben der Einbestellung noch weitere Massnahmen ergreift, ist unklar. Beobachter in Teheran rechnen jedoch mit härteren Schritten.
EU berät über weitere Sanktionen
Die ohnehin schon massiv eingeschränkten deutsch-iranischen Beziehungen sind mit der Schliessung der Generalkonsulate auf einem neuen Tiefpunkt angelangt.
Bereits nach dem Todesurteil gegen Sharmahd im Frühjahr 2023 hatte das Auswärtige Amt zwei iranische Diplomaten ausgewiesen. Der Iran reagierte seinerseits mit der Ausweisung derselben Zahl deutscher Diplomaten. Das ist ein übliches Vorgehen in solchen Fällen.
Die Europäische Union berät auch über weitere Sanktionen gegen den Iran. Dabei könnte es um Personen gehen, die mit der Hinrichtung, Inhaftierung oder dem Gerichtsverfahren zu tun haben, das von der Bundesregierung als nicht rechtsstaatlich erachtet wird. Baerbock forderte zudem erneut, dass die EU die iranischen Revolutionsgarden als Terrororganisation einstuft.
Die Reaktion auf die Hinrichtung fällt härter aus als von vielen erwartet. Bisher griff die Bundesregierung nur einmal zu einer solch drastischen Strafmassnahme: Infolge des Angriffs auf die Ukraine wurden vier russische Generalkonsulate geschlossen, allerdings mit Verzögerung. Die Entscheidung wurde erst 15 Monate nach der Invasion im Mai 2023 als Reaktion auf die Ausweisung Hunderter deutscher Staatsbediensteter getroffen und erst zum Jahreswechsel 2023/24 umgesetzt.
Die Botschaft in Berlin bleibt geöffnet und ist weiter für die konsularische Betreuung der 300'000 Iraner in Deutschland zuständig.