Deutschland und Österreich haben offensichtlich noch nicht entschieden, wie lange sie Flüchtlinge über Ungarn einreisen lassen wollen. Der österreichische Aussenminister Sebastian Kurz sagte am Samstagmorgen bei einem Treffen mit EU-Amtskollegen in Luxemburg, «dass das Dublin-System natürlich nach wie vor gilt». Dieses regelt, dass derjenige Mitgliedstaat, in dem ein Asylbewerber erstmals europäischen Boden betritt, für das Asylverfahren verantwortlich ist.
Man erlebe derzeit in Europa, dass die Flüchtlinge einfach von Land zu Land weiterzögen. Dies habe dazu geführt, dass die Bahnverbindungen zwischen Budapest und Wien teilweise eingestellt werden mussten. Der gestrige Abend hat laut Kurz gezeigt, «wie verfahren und dramatisch die Situation in Europa mittlerweile ist.» Er hoffe, dass es nun endlich ein Erwachen gebe: «So kann das nicht weitergehen.»
Ermahnungen und Schuldzuweisungen
Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann hatte zuvor mitgeteilt, dass Österreich und Deutschland aufgrund der «Notlage an der ungarischen Grenze» einer Weiterreise der Flüchtlinge in ihre Länder zugestimmt hätten. Weiter hiess es: «Zugleich erwarten wir von Ungarn die Bereitschaft, die bestehenden Belastungen auf der Basis der von der Europäischen Kommission angestrebten fairen Verteilung der Flüchtlinge zu lösen.»
Ungarn hingegen gibt der EU die Schuld an der dramatischen Entwicklung der Flüchtlingskrise: «Was in Ungarn seit vergangener Nacht passiert ist, ist die Folge von zweierlei. Erstens der gescheiterten Migrationspolitik der EU und zweitens einer Serie von unverantwortlichen Erklärungen europäischer Politiker», sagte Aussenminister Peter Szijjarto.
«Bald könnte es zu spät sein»
Die Flüchtlingskrise bleibt selbstredend das dominierende Thema am informellen Treffen der EU-Aussenminister in Luxemburg – unter anderem wird der Ruf nach einem umgehenden Sondertreffen der EU-Staats- und Regierungschefs laut. Sowohl Kurz wie auch sein slowakischer Kollege Miroslaw Lajcak sprachen sich dafür aus. Warte die EU weiter ab, könnte es zu spät sein. Bereits geplant ist ein Sondergipfel der 28 EU-Innen- und Justizminister am 14. September.