Die osteuropäischen und baltischen EU-Staaten halten an ihrem Widerstand gegen Flüchtlingsquoten fest. Das ging aus einem Treffen der Aussenminister von Tschechien, Polen, Ungarn, der Slowakei und Lettland – den so genannten Visegrad-Staaten – in Prag hervor. «Wir haben über alle Probleme offen diskutiert», sagte Luxemburgs Chefdiplomat Jean Asselborn, der die EU-Ratspräsidentschaft vertrat.
«Ein sehr wichtiger Tag»
Asselborn plädierte bei seinen Kollegen erneut für eine gesamteuropäische Lösung in der Flüchtlingskrise. Am Dienstag treffen sich die EU-Innen- und Justizminister in Brüssel. Dabei könnten Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit herbeigeführt werden – also auch gegen den Willen einiger Staaten. Asselborn äusserte sich zu dieser Möglichkeit nicht und sagte nur, es werde ein «sehr wichtiger Tag» sein.
Beim Treffen geht es um einen Kompromiss zur Verteilung von weiteren 120'000 Flüchtlingen in Europa. Die Umsiedlung soll Italien und Griechenland entlasten, wo besonders viele Flüchtlinge ankommen. Aber auch andere Staaten könnten um Hilfe bitten.
Pro aufgenommenen Flüchtling soll ein Land 6000 Euro erhalten. Wer als Staat nicht mitmachen will, soll für jeden Flüchtling, dessen Aufnahme er verweigert, 6500 Euro zahlen. Insgesamt geht es um die Verteilung von 160'000 Flüchtlingen innerhalb Europas – die Umsiedlung von 40'000 Menschen ist bereits beschlossen.
Schuldzuweisungen unter den Staaten
Eine Einigung auf feste Quoten wird jedoch nicht erwartet – zu gross sind die Differenzen zwischen den Mitgliedsstaaten. Inzwischen gibt es auch gegenseitige Schuldzuweisungen. Kroatien etwa warf Griechenland vor, auf Kosten anderer EU-Länder die vielfach aus Syrien und anderen Krisenländern stammenden Flüchtlinge weiterzuschicken.
«Es ist absolut unannehmbar, dass Griechenland seine Flüchtlingslager leert und die Menschen über Mazedonien und Serbien nach Kroatien schickt», erklärte Innenminister Ranko Ostojic. Vergangene Woche waren rund 29'000 Flüchtlinge nach Kroatien gekommen.
Ungarn schickt Armee an die Grenze
In Ungarn verschärfte die Regierung unterdessen abermals ihre Gangart, indem sie ein Gesetz durch das Parlament brachte, nach dem künftig die Armee mit nicht-tödlichen Waffen zum Grenzschutz gegen die Flüchtlinge abkommandiert werden kann. Ministerpräsident Viktor Orban sagte, solange es keine gemeinsame EU-Haltung gebe, seien die Mitgliedsstaaten gezwungen, sich selbst gegen die «brutale Gefahr» der Massenmigration zu schützen.
Ungarn hat an seiner 175 Kilometer langen Grenze zu Serbien eine Sperranlage errichtet, die vor einer Woche fertig wurde. Derzeit wird an einem Zaun an der Grenze zu Kroatien gebaut. Ein weiterer Zaun an der Grenze zu Rumänien ist in Planung.