Der Ort für den Flüchtlingsgipfel von EU und Afrika könnte besser nicht gewählt sein: Malta, die kleine Insel im Mittelmeer zwischen dem europäischen und dem afrikanischen Kontinent. Hier treffen sich von Mittwoch bis Donnerstag die 28 Staats- und Regierungschefs der EU mit Vertretern von 35 afrikanischen Ländern.
Am Tisch mit Eritrea und Sudan
«Da sitzen dann Vertreter der sudanesischen Regierung und der Regierung von Eritrea mit am Tisch. Das sind alles keine Regierungen, die man ernsthaft als Teil der Lösung verstehen kann, sondern man muss sie einfach als Teil des Problems empfinden», sagt der deutsche Migrationsspezialist Jan Völkel. Er arbeitet zurzeit als Gastdozent in Kairo.
Diese Regierungen sind Teil des Problems. Sie sind für die desolaten Zustände verantwortlich, die die Menschen zur Flucht treiben. Trotzdem setzen sich die Chefs der EU-Mitgliedstaaten nun mit diesen Regierungen zusammen. «Ich habe grosse Zweifel, dass, welches Abkommen auch immer geschlossen werden kann, es zu einer wirklichen Verbesserung für die Menschen hier in Afrika führen wird», sagt Völkel.
Man kann nicht einfach sagen, die EU sollte sich schämen, mit diesen Regierungen zusammenzuarbeiten.
Wenn die EU mit den afrikanischen Ländern zusammenarbeiten möchte, um etwas gegen die Flüchtlingskrise zu unternehmen, muss sie auch mit solchen Regierungen zusammenarbeiten. Sie kann sich die Gesprächspartner nicht aussuchen: «Das ist tatsächlich ein Dilemma, und man kann nicht einfach sagen, die EU sollte sich schämen, mit diesen Regierungen zusammenzuarbeiten. Das sollte sie zwar auch. Aber es gibt auch Gründe für die Zusammenarbeit.»
Als Folge der Flüchtlingskrise habe die EU auch den eigenen Diskurs angepasst, sagt Völkel weiter. Vor dem arabischen Frühling musste sich die EU den Vorwurf gefallen lassen, sie paktiere mit autokratischen Regimen, um die Region zu stabilisieren. Während und nach dem arabischen Frühling betonten die EU-Mitgliedstaaten, wie wichtig Menschenrechte und Demokratie seien.
Das Dilemma der EU
Und jetzt beobachtet Jan Völkel wieder einen Wandel: «Wenn man nun die reale Politik ansieht, ist davon leider nicht mehr viel geblieben. Seitens der europäischen Delegierten sind wir eigentlich da, wo wir schon 2010 waren, nämlich zugunsten eines höheren Zieles, über die vielen Missstände in Afrika grosszügig hinwegzusehen.»
Doch das Dilemma bleibt: Wie kann man mit Regierungen Lösungen entwickeln, die selber Teil des Problems sind, und zwar Lösungen, die nicht einfach die Grenzen zu Europa besser schliessen, sondern die Lebensbedingungen der Menschen in Afrika auch wirklich verbessern? Vielleicht liefert der Gipfel auf Malta ja doch Antworten darauf.