- Mit den sogenannten «Pandora Papers» sind aus fast 12 Millionen Dokumenten die Offshore-Geschäfte und Briefkastenfirmen von hunderten Politikern und Amtsträgern weltweit bekannt geworden.
- In der Datensammlung finden sich neben Regierungsvertretern auch Oligarchen, Kriminelle und Prominente.
- Mehr als 600 Journalistinnen und Journalisten auf der ganzen Welt haben die wahren Eigentümer von mehr als 27’000 Briefkastenfirmen recherchiert.
Im April 2016 sind die «Panama Papers» bekannt geworden. Die vertraulichen Unterlagen des Offshore-Dienstleisters Mossack Fonseca in Panama gelangten damals durch ein Datenleck an die Öffentlichkeit.
«Pandora Papers» der ICIJ
Offenbar habe sich seither nicht viel verändert, sagt Oliver Zihlmann, der beim «Tages-Anzeiger» an den Recherchen des internationalen Konsortiums Investigativer Journalisten (ICIJ) beteiligt war: «Nach den ‹Panama Papers› gab es weltweit ein Aufruf, dagegen vorzugehen. Das neue Leck zeigt, dass nichts passiert ist. Hier sind ganz viele Briefkastenfirmen, die aufrechterhalten wurden, auch für hochproblematische Kunden, sogar Kriminelle.»
Kriminelle wurden von der Schweiz aus beraten
An diesem Punkt schloss die neue Recherche an und enthüllt nun erneut, wie über 300 einflussreiche Personen nach wie vor ihr Vermögen in Briefkastenfirmen in der Karibik verstecken: Vom spanischen König über eine Geliebte von Wladimir Putin bis zum König von Jordanien, der beim Verstecken von rund 100 Millionen Franken auf Hilfe aus der Schweiz gezählt haben soll.
Für Zihlmann vom «Tages-Anzeiger» ging das sogar so weit, «dass die Schweizer Berater, die das gemacht haben, angewiesen wurden, Namen geheim zu halten.» Wenn jemand in einer öffentlichen Funktion so grosse Vermögen versteckt halte, dann stellten sich halt eine Reihe von Fragen.
Warum ist dies trotz des Drucks des Schweizer Parlaments immer noch möglich? Zihlmann sieht die Schwierigkeit darin, dass im Parlament gesagt wurde – auch von Anwälten und Treuhändern – die Schweiz sei ein Musterschüler und es laufe alles gut. «Aber gleichzeitig sehen wir, dass bis in die jüngste Zeit auch Kriminelle bedient worden sind aus der Schweiz.»
Prominente Politiker unter Druck
Die «Pandora Papers» dürften nicht nur in der Schweiz wieder einmal Fragen über internationale Steuerschlupflöcher aufwerfen – sie bringen auch manch einen namhaften Politiker in Erklärungsnot.
Zum Beispiel den Milliardär und heutigen Ministerpräsidenten Tschechiens, Andrej Babiš. Als er in die Politik einstieg, versprach er eine «Anti-Korruptions-Revolution». Jetzt ist er selber im Visier von Korruptionsermittlern. Darunter auch wegen unrechtmässigen Bezügen von EU-Fördergeldern.
Aus den heute bekannt gewordenen «Pandora Papers» geht hervor, dass Babiš ein Schloss in Frankreich besitzt und über drei Offshore-Briefkasten-Firmen kontrolliert, die er alle nicht deklariert hat.
Babiš wollte zu den Vorwürfen auf Anfrage nicht Stellung nehmen. Auf die Kritik reagierte er im Wahlkampf vor vier Jahren: «Ja, es gibt einen Interessenskonflikt. Aber ich bin die meistverfolgte Person in diesem Land. Ich bin der Feind Nummer eins hier für das klassische politische System.»
In Tschechien ist Regierungschef Babiš hochumstritten – und in fünf Tagen stehen Wahlen an. Die Journalisten des Recherche-Konsortiums haben dies aber nicht als Grundlage für die Veröffentlichung genommen, erklärt Oliver Zihlmann: «Das hat mit Tschechien überhaupt nichts zu tun, wir sind ja ein Konsortium mit über 140 Medien. Und da muss man einen Termin finden, aktuell jetzt, nach den Wahlen in Deutschland.»