- Was lässt sich die EZB die Geldschwemme kosten? Was lässt sich die EZB die Geldschwemme kosten?
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Erst vergangene Woche hatte ein Bericht am Europäischen Gerichtshof den Aufkauf von Staatsanleihen kriselnder Euro-Staaten gestützt. Jetzt dürfte die EZB noch einen Schritt weiter gehen. Um die wegen der schwächelnden Wirtschaft drohende Deflation zu verhindern, könnte die Zentralbank mit Quantitative Easing von den Banken Papiere aller Euro-Staaten aufkaufen. Im Idealfall flösse das so in den Markt gepumpte Geld in Form von Krediten wieder in die Wirtschaft.
Zweifel an der Wirkung
Ob die europäische Wirtschaft mit der Geldschwemme tatsächlich angekurbelt würde, ist jedoch keinesfalls gewiss und unter Wirtschaftsvertretern und Ökonomen höchst umstritten.
Gegenüber 10vor10 gab sich beispielsweise der ehemalige Lufthansa-Chef und heutige VR-Präsident von Roche, Christoph Franz, wenig optimistisch: «Wir haben heute schon die Situation, dass z.B. die Italiener für ihre Staatsanleihen weniger Zinsen bezahlen als die US-Amerikaner. Das Geld ist also schon billig. Ich persönlich bin skeptisch, ob das für die Konjunktur tatsächlich etwas bringt.»
Jetzt ist Entschlossenheit gefragt
Nur scheint der Aufkauf von Staatsanleihen für hunderte Milliarden Euro derzeit fast alternativlos. Für den ehemaligen Chefökonomen des IWF, Kenneth Rogoff, ist die Frage deshalb längst nicht mehr ob, sondern in welchem Umfang die EZB einschreitet. Auch WEF-Gründer Klaus Schwab hält den zu erwartenden Schritt für sinnvoll. Allerdings sei «Quantitativ Easing ein Mittel, das man kurzfristig anwenden sollte».
Das ist ein erster Schritt in Richtung Vergemeinschaftung der Schulden.
Eine von vornherein auf Kurzfristigkeit angelegte Massnahme dürfe Quantitative Easing jedoch nicht sein, warnt der US-Starökonom Adam Posen. «Wenn man zu enge Limiten setzt bei der Höhe der Intervention oder sich zeitlich zu stark beschränkt, ist die Sache zum Scheitern verurteilt», sagte Posen gegenüber 10vor10. Die EZB müsse Entschlossenheit demonstrieren.
Mittlerweile hat allein die allgemeine Erwartung der Geldschwemme dazu geführt, dass sich die EZB einen Verzicht auf Quantitative Easinig ohne massiven Schaden für den Euro kaum mehr erlauben kann.
Damit muss sie einen höchst umstrittenen Weg einschlagen: «Das ist ein erster Schritt in Richtung Vergemeinschaftung der Schulden. Länder wie Deutschland wehren sich noch dagegen, aber ich glaube, dieser Kampf ist verloren», sagt der heutige Harvard-Professor Kenneth Rogoff.
Europa braucht mehr als eine Geldschwemme
Quantitative Easing allein wird allerdings nicht reichen, um Europa vor einer Deflation zu bewahren. Was Europa brauche, seien neben strukturellen Reformen ein Schuldenschnitt und mehr Investitionen, sagt Starökonom Adam Posen.
Sind also zusätzlich zum massenhaften Aufkauf von Staatsanleihen staatliche Konjunkturprogramme mit beispielsweise Infrastrukturprogrammen angezeigt? Zwar sei dies tatsächlich das klassische Lehrbuchmittel, um eine Deflation zu stoppen, sagt Bankenprofessor Urs Birchler von der Universität Zürich. Ob das Rezept aus den 30er Jahren auch heute ohne Weiteres funktionieren würde, sei angesichts der bereits verschuldeten Staaten jedoch zweifelhaft.