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Regierungsbildung in Belgien Belgien wird flämisch: Bart De Wever wird Premierminister

Der Bürgermeister von Antwerpen will Belgien einen radikalen Reformkurs verordnen – nach flämischem Muster.

Seit zwanzig Jahren ist Bart De Wever Präsident der Neuen Flämischen Allianz N-VA. Im Partei-Manifest steht, Absatz 2, dass der belgische Staat aus Sicht Flanderns und dessen Bevölkerung keinen Mehrwert darstelle, im Gegenteil. Nun wird Bart De Wever Premierminister von Belgien. Einer, der Belgien zerschlagen will. Ein überzeugter Republikaner muss vor dem König auf die belgische Verfassung schwören.

Kein anderer Politiker in Belgien kann bei solch einem extremen Spagat das Gleichgewicht halten. Bart De Wever kann es. Er ist sogar in der frankophonen Wallonie ein respektierter Politiker geworden. Hoch angerechnet wird ihm, dass er vor den letzten Wahlen sich klar vom rechtsextremen Vlaams Belang abgrenzte und jede Form der Zusammenarbeit mit politischen Extremen ablehnte.

Bart De Wever im hellblauen Anzug wirft seinen Wahlzettel in eine Urne und wird dabei von Fernsehkameras gefilmt.
Legende: Bart De Wever von der Neuen Flämischen Allianz (N-VA) bei der Stimmabgabe in Antwerpen anlässlich der nationalen Wahlen in Belgien und der EU-Parlamentswahlen im Juni 2024. Keystone / EPA / FREDERIC SIERAKOWSKI

Während 236 Tagen hat Bart De Wever Allianzen geschmiedet mit den flämischen Sozialdemokraten, den Christdemokraten, den flämischen und den wallonischen, und den frankophonen Liberalen. 17-mal schüttelt er dem König in den letzten Monaten die Hand und liess sich von diesem jedes Mal mit neuen Mandaten ausstatten, eine Regierung nach seinem Gusto zu zimmern. Wenn das einer kann in Belgien, dann Bart De Wever.

Scharfer Reformkurs

Nun steht in Belgiens Politik eine Zeitenwende an. Auf regionaler Ebene ist sie schon Tatsache. In Wallonien regieren die Liberalen nach deren Devise: weniger Staat, weniger Bürokratie, mehr Freiheiten. In Flandern liessen sich die Sozialdemokraten von den Christdemokraten und Nationalisten überzeugen, einen konservativen, wirtschaftsfreundlichen Reformkurs zu fahren. Dieselben fünf Parteien bestimmen nun einen scharfen Reformkurs in der nationalen Politik: Schuldenabbau, Rentenreform, Gesundheitskosten senken, Arbeitsmarkt liberalisieren. Belgien wird flämischer. 

Viele halten das für überfällig. Bart De Wever wird sich in der Rolle des Reformers gefallen. Ideologische Scheuklappen sind ihm fremd. Auf die Frage, ob er denn der richtige Premier sei, die Interessen der ganzen Bevölkerung der belgischen Monarchie zu vertreten, erklärte Bart De Wever unlängst: Ja, er könne sehr gut so tun, als sei ihm das möglich.

Kein belgischer Politiker könnte sich eine solche Antwort erlauben. Bart De Wever ist eine Ausnahme.

Echo der Zeit, 01.02.2025, 18:00 Uhr

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