Drei Tage Reisestress – das erwartet Papst Franziskus ab kommendem Samstag. Dann wird er seine zweite Auslandsreise in die «Wiege des Christentums» antreten. Auf dem Programm steht der Besuch von Jordanien, Israel und der Palästinensergebiete.
Der argentinische Pontifex will die Menschen in Nahost ermutigen, trotz des gescheiterten Friedens und des syrischen Bürgerkrieges nicht aufzugeben. Aber es gibt auch einen kirchenhistorischen Anlass für den Besuch – entsprechend nennt Franziskus diesen auch die «Wallfahrt des Gebets».
«Der Papst versteht diese Reise als eine Art Pilgerreise, die religiös und nicht politisch motiviert ist», erklärt Mario Galgano, Journalist bei Radio Vatikan, dem öffentlich-rechtlichen Sender des Vatikans. Franziskus führt eine Tradition weiter: Vor fünf Jahrzehnten besuchte sein Vorgänger Paul VI. die «Wiege des Christentums» als erster Papst.
Die Ära der reisefreudigen Päpste
Der Aufbruch von Paul VI. ins Heilige Land 1964 war die erste Reise eines Oberhauptes der katholischen Kirche ins Ausland seit eineinhalb Jahrhunderten. Die meisten regierten von Rom aus. Der letzte Papst, der davor Italien überhaupt verlassen hatte, war Pius VII. – als er von Napoleon Bonaparte 1812 ins französische Exil gebracht wurde.
Als Sensation der Paul’schen Reise gilt noch heute sein Treffen mit dem damaligen orthodoxen Patriarchen Athenagoras am Damaskus-Tor in Jerusalem. Das Gipfeltreffen der beiden Oberhäupter bedeutete ein Durchbruch im Ost-West-Verhältnis der Kirchen.
Sicherheitswarnungen in Israel
Der aussenpolitisch interessierte Papst Franziskus will mit der Reise auch auf die Geschichte zurückgreifen. «Das Hauptziel ist es, an die historische Begegnung zu erinnern», so Jorge Mario Bergoglio, wie der Pontifex mit bürgerlichem Namen heisst. Er müsse aber auch mit dieser Reise seinen Gläubigen im Nahen Osten ein Signal senden, dass er ihre Not im Auge behält.
Das Heilige Land soll nicht durch Abwanderung oder Flucht zum «Museum des Christentums» werden. Die dortigen Kirchen fühlten sich oft von ihren Glaubensgeschwistern im Rest der Welt etwas vergessen, meint SRF-Religionsexpertin Judith Wipfler. «Dass der Papstbesuch etwas ändern wird an ihrer bedrängten Lage, glauben allerdings nur wenige.»
Im Vorfeld der Reise gibt es jedoch bereits Sicherheitswarnungen für den «Papa». Es kam zu antichristlichen Schmierereien von jüdischen Rechtsextremen an kirchlichen Einrichtungen. «Besonders die extremistische Siedlergruppe Tag Mechir schockierte mit Vandalenakten gegen Kirchen und Moscheen», erklärt Wipfler. Israel befürchtet durch mögliche Anschläge einen Imageschaden und eine Anspannung der interkonfessionellen Beziehungen.
Tausende Polizisten sind aufgeboten. Der Pontifex wird auch von der vatikanischen Gendarmerie und der Schweizergarde geschützt. Der Vatikan sei punkto Sicherheit seit Monaten bereits mit den Regierungen der entsprechenden Länder in Kontakt, zeigt sich Galgano beruhigt. «Die Sicherheitslage ist sicherlich nicht einfach. Aber der Papst wird ja nicht nur von Christen geschätzt, sondern auch von Juden und Muslimen respektiert.»
Ökumenische Strategien
Doch Franziskus wird sich trotz der Warnungen in Israel mit Grossrabbinern treffen und sich austauschen. Auch die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem wird besucht. Mithilfe seiner langjährigen Freunde und Begleiter aus Argentinien – ein Rabbiner und ein Imam – will der Kirchenvater ökumenische Zeichen setzen.
Eine Begegnung mit dem Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomaios I., und anderen Vertretern christlicher Kirchen steht auch auf dem Programm. Dennoch kommt es nicht zu einem gemeinsamen, interreligiösen Treffen zwischen Papst, Rabbiner und Mufti. Zu hohe Erwartungen an den Besuch wurden bereits aus Kirchenkreisen gedämpft.
Flüchtlinge und Friedenslösungen
Zur Pflege der Gläubigen weltweit wird Franziskus im jordanischen Amman mit Flüchtlingen aus dem Bürgerkriegsland Syrien sprechen. Im Westjordanland – in der Nähe von Bethlehem – wird er Kinder im Dheisheh-Flüchtlingslager besuchen und ihnen Mut zusprechen.
Der Pontifex wolle die Menschen persönlich treffen, so Mario Galgano. «Das kann er zwar auch in Rom, aber es ist doch etwas Besonderes, wenn man unter den Menschen ist.» Die Christen im Nahen Osten hätten es derzeit sehr schwer, so der Vatikan-Journalist. «Der Papst will seine Nähe bekunden, indem er vor Ort ist. Das wird wohl auch von Gläubigen ausserhalb jener Region geschätzt.»
Der Oberhirte der katholischen Kirche wird mithilfe seiner moralischen Autorität mahnen, für das gebeutelte Syrien Friedenslösungen zu finden. Für drei Tage – dann kehrt er in den Stadtstaat zurück, welchen die meisten Päpste bis vor einigen Jahrzehnten gar nie verliessen.