Griechenland steht das Wasser bis zum Hals. Die Verhandlungen mit der Eurogruppe sind gescheitert, die Hilfsgelder der Europäischen Zentralbank (EZB) sind auf der Kippe, und die Banken stehen vor einem Kollaps. Wie die Zukunft des taumelnden Landes aussehen wird, ist ungewiss. Wesentlich ist, ob neue Verhandlungen stattfinden werden oder nicht. Als Folge davon sind verschiedene Szenarien möglich – hier eine Auswahl:
Neue Verhandlungen
Nach dem deutlichen «Nein» der Griechen zu den Sparvorgaben der internationalen Geldgeber könnte die Euro-Gruppe neue Gespräche zur Lösung der Schuldenkrise aufnehmen. Führende EU-Politiker forderten die Regierung in Athen bereits auf, frische Vorschläge vorzulegen.
- Hilfspaket
Das Szenario «Die Griechen legen ein Nein in die Urne und erhalten trotz allem ein drittes Hilfspaket», gilt als schwierig. Bislang hiess es zumindest seitens der EU, es werde kein drittes Hilfsprogramm geben.
Wenn Griechenland jedoch ein überzeugendes finanzpolitisches und wirtschaftspolitisches Konzept vorbringt, das den Konditionen des zuletzt ausgehandelten Hilfsprogramms entspricht, sind neue Hilfen seitens der Geberländer zumindest theoretisch möglich.
Würde ein drittes Hilfsprogramm ausgehandelt, könnte Griechenland weiteren Beistand des Euro-Krisenfonds ESM erhalten. Am Ende entscheiden die drei Institutionen
EU-Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und Internationaler Währungsfonds (IWF), ob die Kriterien für eine ESM-Hilfe erfüllt sind oder nicht.
- Schuldenschnitt
Mit einem Schuldenschnitt würde ein Teil der Kredite erlassen; Athen müsste also weniger zurückzahlen. Die Kompromissbereitschaft der Gläubiger dafür ist jedoch unterschiedlich gross. Während zum Beispiel Deutschland nach dem Nein zum Referendum erneut betonte, ein Schuldenschnitt sei kein Thema, ist ein solcher für den IWF kein Tabu.
Neben einem Schuldenschnitt gibt es jedoch auch «sanftere» Möglichkeiten. Die Gläubiger könnten Griechenland entgegenkommen, indem sie anbieten, die Schulden erst in ferner Zukunft zurückzuverlangen.
Keine neuen Verhandlungen
- EZB kappt Nothilfen
Seit Monaten können sich die griechischen Banken nur durch die ELA-Notkredite des europäischen Zentralbankensystems mit frischem Geld versorgen. Die Obergrenze der Gelder steht mit knapp 90 Milliarden Euro jedoch fest und soll mach aktuellem Stand auch nicht erhöht werden.
Generell kann die EZB die Notversorgung mit Liquidität nur so lange aufrechterhalten, wie Hoffnung auf Einigung besteht. Kommt es zu keinen Verhandlungen, dürften der EZB die Argumente für eine Aufrechterhaltung der Hilfe ausgehen. Stellt die EZB die Unterstützung ein, würde das griechische Finanzsystem zusammenbrechen und die Wirtschaft zum Erliegen kommen.
Die EZB könnte mit der Aufkündigung der ELA-Hilfen womöglich bis zum 20. Juli warten, wenn eine Rückzahlung Griechenlands an die EZB in Höhe von 3,5 Milliarden Euro fällig wird.
- Staatsbankrott
Formal gilt ein Land dann als bankrott, wenn die grossen Ratingagenturen von einem Zahlungsausfall reden. Das war bislang noch nicht der Fall – auch wenn Griechenland am 30. Juni eine Zahlung an den IWF nicht beglich. Die Regierung in Athen könnte sich aber auch selber für pleite erklären.
- Alternatives Zahlungsmittel
Bei einem Zusammenbruch des griechischen Finanzsystems wäre die Regierung gezwungen, eine Art von alternativem Zahlungsmittel in Umlauf zu bringen, um Renten und Gehälter zu zahlen sowie ein Mindestmass an Handel aufrecht zu erhalten.
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Für den Übergang würden sich Schuldscheine anbieten, mit denen Unternehmen und Privatleute untereinander Rechnungen begleichen könnten. Griechenland könnte aber auch die «alte» Drachme wieder einführen. Die neue Währung würde im Vergleich zum Euro rasch abgewertet werden. Die Griechen wären zwar «ärmer», könnten aber billiger produzieren. Die Wiedereinführung der Drachme wäre jedoch ein langer Weg. Zudem ist ein alternatives Zahlungsmittel nicht zulässig, so lange Griechenland noch formal zur Euro-Zone gehört.
- Grexit
Griechenland kann nicht zum Ausscheiden aus der Euro-Zone gezwungen werden; das sehen die Verträge nicht vor. Eine Änderung der Verträge wäre zwar möglich, müsste aber von allen Mitgliedsländern – inklusive Griechenland – beschlossen werden. Sollte Griechenland jedoch eine andere Währung einführen, könnte das Land damit selbst den Weg aus der Währungsunion ebnen.
- Neue Regierung
Denkbar ist auch, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse in Griechenland weiter zuspitzen werden, sodass die Stimmung kippt und die Regierung Tsipras unter Druck gerät. Unter einer neuen Regierung unter Führung des bürgerlichen Lagers könnte dann über ein weiteres Rettungspaket verhandelt werden – und das Rad wieder zurückgedreht werden.