Es ist üblich, dass in entscheidenden internationalen Verhandlungen gesetzte Fristen restlos ausgereizt werden. Denn alle Beteiligten wollen ihrem Heimpublikum beweisen, dass sie bis zuletzt alles versucht haben, um möglichst viel herauszuholen.
Misstrauen überwinden
Im konkreten Konflikt gilt das erst recht. Denn zwischen dem Westen und Iran herrscht seit Jahrzehnten tiefstes Misstrauen. Teheran will Garantien, dass nach einem Durchbruch die Sanktionen tatsächlich schrittweise, aber rasch gelockert werden. Die übrigen Beteiligten wollen, wie es der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier formuliert, nur unterzeichnen, «wenn dauerhaft und nachprüfbar ausgeschlossen ist, dass sich Iran Zugriff auf Nuklearwaffen verschafft».
Immerhin scheinen die meisten praktischen Fragen geklärt. Ein dreiseitiger Vertragsentwurf liegt auf dem Tisch. Allerdings streute Iran jetzt in einem wichtigen Punkt Sand ins Getriebe: Teheran weigert sich plötzlich, den Grossteil des bereits angereicherten Urans ins Ausland zu schaffen. Oder aber Iran will mit diesem angedrohten Rückzieher in letzter Minute noch etwas herausholen.
Historischer Durchbruch?
US-Aussenminister John Kerry jedenfalls spricht von noch einigen schwierigen Punkten, betont aber, man arbeite hart daran, sie zu klären. Ein Erfolg in Lausanne wäre ein historischer Durchbruch. Er könnte den Anfang für einen Neubeginn in einer der vergiftetsten diplomatischen Beziehungen – jener zwischen Washington und Teheran – bedeuten und die politische Grosswetterlage im Nahen Osten verändern.
Denkbar ist, dass heute Nacht die Uhren angehalten und trotz Deadline weitergemacht wird. Die Atomverhandlungen dauern nun seit zweieinhalb Jahren. Auf ein paar Stunden oder Tage kommt es da kaum an.