Auf dem Tahrir-Platz in Kairo haben sich am Dienstag rund hundert Anhänger des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi versammelt. Sie skandierten: «Nieder mit der Militärregierung!» Es war das erste Mal seit dem Sturz des Islamisten Anfang Juli, dass seine Gefolgsleute sich auf dem symbolträchtigen Platz versammelten.
Die Militärregierung in Kairo kündigte inzwischen an, dass es rasch Neuwahlen geben werde. Wie reagierten die Muslimbrüder auf diese Ankündigung? Gar nicht, sagt Journalistin Astrid Frefel in der ägyptischen Hauptstadt, denn: «Sie akzeptieren diesen politischen Prozess, auf den sich General al-Sisi bezieht, überhaupt nicht.»
Die Muslimbrüder gehen davon aus, dass Mursi immer noch der gewählte Präsident ist. «Auf dieser Position beharren sie – und davon rücken sie nicht ab», so Frefel.
Wahlen frühestens nächsten Frühling
Doch selbst wenn die angekündigten Wahlen durchgeführt werden: «Bis dahin dauert es auf alle Fälle noch eine längere Zeit», schätzt Frevel. Zuerst müsse eine neue Verfassung ausgearbeitet werden. Diese müsse dann vom Volk angenommen werden. «Das wird, wenn es gut geht, noch Ende dieses Jahres stattfinden.»
Neuwahlen wären demnach frühestens nächstes Frühjahr möglich. Ob die Muslimbrüder überhaupt daran teilnehmen dürften, ist derzeit noch völlig unklar: Ihre Organisation ist erst vor wenigen Tagen von den Behörden verboten worden. «Die Partei selbst wurde nicht verboten», präzisiert Frefel. Doch es werde noch weitere Gerichtsverfahren geben: «Die Muslimbrüder haben bereits Rekurs gegen den Entscheid eingereicht.»
Rückhalt in der Bevölkerung geschrumpft
Von den Millionen Ägyptern, die den Muslimbrüdern bei den Wahlen im Juni letzten Jahres ihre Stimme gegeben hatten, sind nicht mehr viele übriggeblieben. «Die meisten sind nicht mehr überzeugt von ihnen, vor allem weil sie keine gute Regierungsarbeit geleistet haben», erklärt die in Kairo lebende Journalistin.
«Der harte Kern ist aber weiterhin sehr überzeugt davon, im Recht zu sein – und wird auch weiterhin versuchen, das auf der Strasse durchzusetzen.» Die täglichen Proteste seien zwar kleiner geworden, sagt sie. «Doch man kann davon ausgehen, dass sie weitergehen und in den einzelnen Stadtteilen regelmässig stattfinden.»