Am Vortag des Besuchs von US-Präsident Barack Obama haben mehr als 25'000 Menschen in Hannover gegen das umstrittene transatlantische Freihandelsabkommen TTIP demonstriert. Nach einer Auftaktkundgebung bewegte sich der Protestzug nach Polizeiangaben am Samstag friedlich durch die Innenstadt. Umweltschutz-, Verbraucherschutz- und Dritte-Welt-Organisationen sehen durch das Abkommen ökologische und soziale Standards in Gefahr.
Angst vor Sonderrechten für Grosskonzerne
Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin geht davon aus, dass Merkel und Obama in Hannover wesentliche Aspekte des Freihandelsabkommens festzurren. «Hier demonstrieren gute Transatlantiker – wir sind nicht gegen ein faires Abkommen zwischen Europa und den USA», sagte er zur Stimmung unter den Demonstranten. Man sei aber gegen Vereinbarungen, die Konzernen Sonderrechte einräumten.
Der Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter äusserte sich zurückhaltend. «Ich erwarte, dass bei dem Treffen von Merkel und Obama nicht viel herumkommen wird. Wir sind guter Dinge, dass TTIP in seiner jetzigen Form nicht zustandekommen wird.» Der Linken-Bundestagsabgeordnete Diether Dehm zeigte sich ebenso skeptisch: «Das wird das grosse Festival der Sprechblasen-Facharbeiter. Die Chancen für TTIP sind heute 50:50 – vor einem Jahr waren sie noch 60:40.»
Merkel verteidigt Abkommen
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat derweil das Abkommen gegen Kritik verteidigt. Sie sehe in TTIP eine grosse Chance für die EU «auch Standards weltweit zu definieren», liess die Kanzlerin in ihrem Internet-Podcast verlauten.
Vorwürfe mangelnder Transparenz bei den TTIP-Verhandlungen, wie sie von den Demonstranten in Hannover erhoben wurden, wies Merkel zurück: Zwar könne nicht alles für jedermann zugänglich sein, wenn man seine Verhandlungsposition halten wolle. «Aber wir wollen schon, dass die Menschen nicht den Eindruck haben, wir würden hier irgendetwas verschweigen oder wir würden irgendwelche Normen zur Disposition stellen; das Gegenteil ist der Fall», versicherte die Kanzlerin.