+++ «Sind überwältigt von den vielen Hilfsgütern»
Wie schon am Wiener Westbahnhof zeigt sich auch in München eine Welle der Solidarität: Immer wieder kommen Anwohner vorbei und überreichen den Flüchtlingen Kleidungsstücke, Windeln oder Nahrungsmittel. Man sei überwältigt, schreibt die Polizei München und bittet gleichzeitig, keine weiteren Sachen zu bringen. Vorderhand würden die Spenden mehr als ausreichen.
+++ «Am Chaos ist die deutsche Regierung nicht unschuldig»
Die Kritik aus Österreich und Ungarn kam laut und klar. Doch Deutschland sieht sich nicht verantwortlich für die aktuelle Flüchtlingssituation. Zu Unrecht, findet SRF-Osteuropakorrespondent Urs Bruderer. Am Chaos sei die deutsche Regierung nämlich nicht unschuldig. Schliesslich habe sie kürzlich erklärt, dass sie syrische Flüchtlinge nicht mehr zurückschaffen werde in das EU- oder Schengenland, über das sie eingereist seien. «Und das ist oft Ungarn», so Bruderer.
«Hinzu kam, dass die ungarische Polizei die Flüchtlinge nicht mehr daran hinderte, die Züge nach Westen zu besteigen. So kam es zu diesem Massenansturm.» Der ungarischen Regierung müsse man zugute halten, dass sie all die Flüchtlinge zu registrieren versuchte. So gesehen komme sie ihren Verpflichtungen nach.
«Allerdings hätte die Regierung längst mehr Unterkünfte für Flüchtlinge schaffen und mehr Beamte einstellen müssen für die Bearbeitung von Asylgesuchen», sagt Bruderer. Das habe sie alles unterlassen. «Unterdessen baut Ungarn mit viel Getöse einen Grenzzaun, der kaum etwas nützt.»
+++ Merkel: «Müssen etwas ändern»
Die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte die EU-Kommission zum Handeln auf: Europa brauche eine gemeinsame Asylpolitik – mit Registrierungszentren für Flüchtlinge in Griechenland und Italien, einer einheitlichen Einstufung sicherer Herkunftsländer und fairen Verteilung von Asylbewerbern auf alle 28 EU-Mitgliedstaaten.
Nach der Dublin-Verordnung ist eigentlich derjenige Mitgliedstaat für das Verfahren eines Asylbewerbers zuständig, in dem dieser erstmals europäischen Boden betreten hat. Merkel betonte, diese Rechtslage sei weiterhin gültig. Allerdings: Die aus Syrien in Deutschland ankommenden Personen würden mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit den Status als Bürgerkriegsflüchtlinge erhalten. «Das dürfte angesichts der Situation in Syrien keine Überraschung sein», sagte sie.
+++ Flüchtlingsstrom in München ebbt am Mittag ab
In München, wo bereits etwa 2000 Menschen mit Zügen aus Budapest eingetroffen sind, hat der Flüchtlingsstrom am Mittag deutlich nachgelassen. Den letzten beiden Zügen aus Salzburg und Budapest entstiegen jeweils weniger als ein Dutzend Menschen. Sie werden von der Polizei zur Ersterfassung gebracht.
+++ Keine Kontrollen in Wien
Die Wiener Polizei kontrolliert am Westbahnhof die in Zügen aus Budapest ankommenden Flüchtlinge nicht. Eine Kontrolle sei auch künftig nicht vorgesehen, da der Polizei schlichtweg das Personal dafür fehle, sagt ein Polizeisprecher.
+++ Krisen-Treffen am Donnerstag
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban kündigt ein Krisentreffen mit den EU-Spitzen an, um über das Thema Flüchtlinge zu beraten. Er werde am Donnerstag mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, EU-Ratspräsident
Donald Tusk und dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, beraten. Die EU-Kommission bestätigte das Treffen.
+++ Österreichs Bundeskanzler: «Unverantwortlich»
Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) übt harsche Kritik an Ungarns und Deutschlands Vorgehensweise. «Es ist unverantwortlich, Dublin in dem Sinne nicht wahrzunehmen, dass die Registrierung einfach ausgesetzt wird.» Ob die ungarische Regierung Aussagen aus Deutschland missverstanden habe, wonach die Bundesrepublik Flüchtlinge aufnehme und nicht mehr wie im Dublin-Abkommen vorgesehen in ihr EU-Ankunftsland zurückschicke, sei unklar. «Ich weiss nicht, ob das ein Missverständnis war oder Absicht.»
+++ München wappnet sich für weitere Flüchtlinge
Fast 2000 Menschen trafen laut Polizeiangaben in der Nacht auf Dienstag in München ein. Und auch am Morgen kamen rund 200 Asylsuchende von Budapest und Wien aus in der bayrischen Hauptstadt an. Für die Mittagszeit wird ein weiterer Zug mit ungefähr 150 Flüchtlingen erwartet, wie die Behörden mitteilten.
+++ 200 Flüchtlinge in Stuttgart und Frankfurt
In Stuttgart und Frankfurt am Main sind insgesamt rund 200 Flüchtlinge in Zügen angekommen. Allein am Stuttgarter Hauptbahnhof wurden in der Nacht zum Dienstag gut 100 Migranten aus einem ICE geholt, der auf dem Weg von München nach Dortmund war. So viele Flüchtlinge seien noch nie auf einmal angekommen, sagte ein Sprecher der Bundespolizei.
+++ Bahnhof Budapest für Zugverkehr freigegeben
Die ungarischen Behörden haben am Dienstagvormittag den von Flüchtlingen stark bedrängten Ostbahnhof vorübergehend geschlossen. Polizisten hatten Reisende und Migranten dazu aufgefordert, das Areal zu verlassen. Mittlerweile ist der Bahnhof wieder für den Zugverkehr freigegeben. Die davor wartenden Flüchtlinge dürfen aber nicht in das Gebäude.
+++ Zeichen der Solidarität am Bahnhof Wien
Allein am Montagabend trafen laut Polizeiangaben 3000 bis 3500 Flüchtlinge in Wien ein. Nur sechs davon hätten in Österreich Asyl beantragt.
Der Rest reiste weiter nach Deutschland. Am Wiener Bahnhof versorgten einige Österreicher die Flüchtlingsfamilien spontan mit Esswaren und Getränken.
+++ München erwartet weitere 1000 Flüchtlinge
So kamen in der Nacht fast 2000 Asylsuchende in München an, wie ein Sprecher der Bundespolizei erklärte. Am Dienstagmorgen seien in zwei Zügen insgesamt mehr als 3600 Flüchtlinge in Rosenheim eingetroffen. Weitere 1000 Flüchtlinge würden im Laufe des Tages in München erwartet.
Zudem geht die Polizei davon aus, dass in Budapest noch 5000 Asylsuchende auf die Weiterreise warten. «Die Zahlen sprechen für sich. Die Dynamik nimmt zu», so der Polizeisprecher.
+++ Tschechien greift mehr als 200 Flüchtlinge auf
Anders als Österreich lässt Tschechien die Menschen offenbar nicht passieren. Die Nachrichtenagentur AP berichtet, die tschechische Polizei habe mehr als 200 Flüchtlinge, die an Bord von Zügen aus Ungarn und Österreich waren, in der tschechischen Grenzstadt Břeclav aufgehalten. Die meisten der 115 Männer, 38 Frauen und 61 Kinder stammten aus Syrien und waren auf dem Weg nach Berlin.
Eine Sprecherin der Polizei sagte, die Menschen hätten nicht die nötigen Papiere besessen – es fehle unter anderem eine Erlaubnis, um nach Tschechien einzureisen. Die Menschen würden nun in Aufnahmeeinrichtungen in Tschechien gebracht.