Erstmals wurde nun eine Synagoge in Jerusalem Ziel eines tödlichen Anschlags. Die strengreligiösen Männer waren gerade beim Morgengebet, als schwer bewaffnete Attentäter in die Synagoge eindrangen.
Die zwei Palästinenser griffen in dem Gotteshaus in Har Nof am Westrand Jerusalems die Gläubigen mit Messern und Äxten an. Vier jüdische Männer starben, acht weitere wurden verletzt. Die Attentäter wurden später von der Polizei erschossen.
Drei der jüdischen Todesopfer waren aus den USA nach Israel eingewandert, einer der Männer stammte aus Grossbritannien. Dies teilte die Polizei mit.
Rache für einen Irrtum?
Mittlerweile hat sich die Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) zu dem Anschlag bekannt. Es sei die Rache für den Tod eines arabischen Busfahrers am Montag. Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri rief zu weiteren «Rache-Aktionen» auf.
Der Tod des arabischen Busfahrers, der am Sonntag erhängt aufgefunden worden war, sorgte bei den Palästinensern für neuen Zorn. Die Palästinenser gehen von einem Lynchmord durch jüdische Siedler aus. Eine israelische Autopsie ergab aber, der Mann habe Suizid begangen.
Attentäter stammen aus Ostjerusalem
Bei den zwei Attentätern soll es sich, gemäss palästinensischen Medien, um zwei Bewohner Ostjerusalems handeln. Die israelische Polizei geht nach ersten Berichten davon aus, dass es sich um einen Anschlag von Einzeltätern handelt, die nicht von einer Terrororganisation beauftragt wurden.
Palästinenserpräsident Abbas verurteilte die Tat umgehend. Das sei zwar gut – aber nicht genug, betonte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Er warf Abbas vor, Terroristen durch Hetze zu ermutigen. Die militanten Palästinenserorganisationen Hamas und Islamischer Dschihad sowie die Palästinenserbehörde verbreiteten ständig Lügen über Israel, so Netanjahu.
Und weiter: «Wir befinden uns mitten in einer Terrorkampagne, die sich auf Jerusalem konzentriert. Die Welt schaut sich dieses Massaker an, aber sie verlangt nicht von der Palästinenserbehörde, die Hetze zu unterbinden», so Netanjahu.
Die Häuser der Terroristen werden zerstört.
Die israelische Regierung kündigte umgehend die Lockerung des Gesetzes zur bewaffneten Selbstverteidigung an. Die gelockerten Regelungen würden für alle Waffenscheininhaber, für Armeeoffiziere ausser Dienst sowie für Wachpersonal an Schulen und Kindergärten gelten, sagte der Minister für öffentliche Sicherheit, Jizchak Aharanowitsch. Doch damit nicht genug. Der Minister kündigte an, dass die «Häuser der Terroristen zerstört» würden.
Martialisches Gesetz aus grauer Vorzeit
Ausserdem werde er den Rechtsberater der Regierung einschalten, um zu erreichen, dass Verdächtige in «Verwaltungshaft» genommen würden, führte Aharanowitsch vor den Medien aus.
Diese aus dem Kolonialrecht der britischen Mandatszeit in Palästina (1920-1948) übernommene Massnahme erlaubt die unbegrenzte Gefangenhaltung von Menschen ohne Anklage und Gerichtsverfahren, solange alle sechs Monate ein Richter die Verlängerung erlaubt.
Anschläge auf Israelis
Die Situation werde sich nicht so rasch beruhigen, vermutet SRF-Korrespondent Pascal Weber. Das Problem sei, dass sowohl Netanjahu als auch Abbas innenpolitisch nicht auf gesichertem Boden stünden – durchaus auch aus eigenem Verschulden. «Sie können oder wollen nicht genug gegen die Brandstifter vorgehen.»
In den vergangenen Wochen war es in Israel und den Palästinensergebieten immer wieder zu Konfrontationen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften gekommen. Es gab auch eine Serie von Anschlägen auf Israelis. Ein Auslöser der Spannungen war der Streit um die Nutzung des Tempelbergs in Jerusalems Altstadt, der Juden und Muslimen heilig ist.
Gefährliche Gewaltspirale
Immer wieder ist von der Sorge einer dritten Intifada die Rede, also vom dritten Palästinenseraufstand nach 1987 und 2000. SRF-Korrespondent Weber sieht jedoch Unterschiede in der Ausgangslage. Die bisherigen Intifadas seien organisierte Aufstände gewesen, an denen sich auch die bewaffneten Flügel der jeweiligen Palästinenserfraktionen beteiligt hatten.
Heute handle es sich mehrheitlich um Einzeltäter, in einer Spirale von Gewalt und Gegengewalt, welche sich die Extremisten auf beiden Seiten zu nutzen machen wollten. Und genau darin liegt die Gefahr: «Eine solche Gewaltspirale ist noch viel schwieriger ausrechenbar und kann auch nur sehr viel schwieriger wieder eingedämmt werden», so Weber.