Syriza-Chef Alexis Tsipras ist offiziell der neue Ministerpräsident Griechenlands. Bei der Vereidigung am Sitz des Staatspräsidenten in Athen versprach er, die Interessen des griechischen Volkes zu wahren. Auf die religiöse Eidesformel verzichtete er. Das Kabinett soll spätestens am Dienstag bekanntgegeben werden.
Zuvor gab die rechtspopulistische Partei «Unabhängige Griechen» ihre Beteiligung an der neuen Regierung des Linksbündnisses Syriza bekannt. Es sei eine Grundsatzeinigung erzielt worden, erklärte ihr Chef Panos Kammenos nach einem Treffen mit Syriza-Chef Alexis Tsipras. «Ab jetzt hat das Land eine neue Regierung», sagte Kammenos.
Das Linksbündnis Syriza hat die Bildung einer Koalition mit den Rechtspopulisten bestätigt. «Wir haben uns geeinigt», sagte Syriza-Sprecher Pano Skourletis in Athen. Dass es mit diesem Partner so schnell eine Einigung gegeben habe, komme unterwartet, sagte SRF-Korrespondent Werner van Gent. «Unterschiedlicher könnten die beiden Parteien nicht sein.» Einig seien sie sich allerdings in einem Punkt: «Das bindende Element ist die absolute Ablehnung des mit den Gläubigern in Europa vereinbarte Sparprogramm.»
Koalition mit 162 Mandaten
Nach vorläufigem amtlichen Endergebnis hat das Linksbündnis Syriza die Wahlen mit 36,3 Prozent gewonnen. Das teilte das griechische Innenministerium mit. Die Partei wird mit 149 Abgeordneten im neuen Parlament vertreten sein und verfehlt damit die absolute Mehrheit von 151 Sitzen knapp.
Die Partei der Unabhängigen Griechen – der kleinere Partner in der neuen Regierungskoalition – erhielt 4,8 Prozent und 13 Sitze im Parlament. Zweitstärkste Kraft sind die bisher regierenden Konservativen der Nea Dimokratia mit 27,8 Prozent und 76 Mandaten.
Noch knapp 4,7 Prozent für Pasok
Die rechtsextremistische und ausländerfeindliche Goldene Morgenröte kommt auf den Dritten Platz mit 6,3 Prozent und 17 Sitzen im Parlament.
Die im vergangenen Jahr neu gegründete Partei der politischen Mitte To Potami (Der Fluss) erhielt 6,1 Prozent und wird mit 17 Abgeordneten im Parlament vertreten sein.
Der Einzug ins Parlament gelingt auch den Kommunisten mit 5,5 Prozent und 15 Abgeordneten. Die Partei der Sozialisten (Pasok) bekam nur noch 4,7 Prozent und wird mit 13 Abgeordneten im Parlament vertreten sein.
In Griechenland zeichnet sich damit eine problematische Konstellation ab. Die Unabhängigen Griechen schlugen im Wahlkampf nationalistische Töne an. So forderten sie unter anderem, illegale Migranten auszuweisen. Syriza hatte sich dagegen deutlich für mehr Zuwanderung ausgesprochen.
Übereinstimmung herrschte lediglich gegenüber den Geldgebern aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF): Griechenland brauche einen klaren Schuldenschnitt, forderten beide Parteien.
«Griechenland von Geldgebern befreien»
Die Partei «Unabhängige Griechen» (unten in der Grafik aufgeführt unter AE) ist eine Abspaltung der konservativen Nea Dimokratia. Sie sieht Griechenland von den Geldgebern «besetzt». Die Partei will das Land davon «befreien». Athen sollte keine Schulden zurückzahlen.
Unter Zeitdruck
Das Land braucht so schnell wie möglich eine handlungsfähige Regierung. Bis Ende Februar muss eine neue Vereinbarung mit den internationalen Geldgebern ausgehandelt werden. Dann laufen nämlich die Hilfszahlungen aus. Ohne weitere Kredite wäre das Land wohl schon bald bankrott.
Griechenland hat Staatsschulden in der Höhe von rund 320 Milliarden Euro. Die EU und der IWF haben dem Land bislang mit Darlehen von rund 240 Milliardne Euro geholfen. In der Eurogruppe wird über eine Verlängerung des griechischen Rettungsprogrammes über den 28. Februar hinaus nachgedacht. Die Euro-Finanzminister wollen bereits im Verlaufe des Tages über den weiteren Weg des Krisenstaates sprechen. Konkrete Beschlüsse sind jedoch nicht geplant.
Vor diesen Problemen steht die Regierung
Arbeitslosigkeit | Das grösste Problem. Zuletzt waren 26,7 Prozent arbeitslos gemeldet – Rekord in der EU. Die Jugendarbeitslosigkeit (15- bis 24-Jährige) liegt sogar bei um die 50 Prozent. |
Schulden | Der Schuldenberg dürfte 2014 auf 175 Prozent des BIP gestiegen sein. Die EU-Regeln sehen eigentlich eine Grenze von 60 Prozent vor. Immerhin: Die abgewählte Regierung hat die Neuverschuldung drücken können: Von einem Defizit von rund 12 Prozent 2013 auf knapp 2 Prozent 2014. |
Steuern | Gähnende Leere in den Staatskassen. Allein im Januar soll eine Milliarde Euro fehlen – vor der Wahl beglichen viele Steuerzahler offenbar ihre Schulden nicht. Die neue Regierung kann somit die anfallenden Zinszahlungen nicht abzahlen. Im Sommer dürfte der Staat bankrott sein, dann stehen Schuldenrückzahlungen von 6,5 Milliarden Euro an. |
Konjunktur | Hier gibt es Licht am Horizont. Die Wirtschaft wuchs zuletzt so stark wie in keinem anderen Euro-Land. Auch für dieses Jahr ist ein Wachstum von fast 3 Prozent prognostiziert. |