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Nachbeben befürchtet Bevölkerung in Istanbul steht nach Erdbeben unter Schock

  • Nach den Erdbeben in der türkischen Millionenmetropole Istanbul steht die Bevölkerung weiter unter Schock.
  • Zahlreiche Menschen verbrachten die Nacht im Freien und schlugen etwa in Parks oder auf anderen Grünflächen Zelte auf, wie türkische Medien berichteten.
  • Das Beben hat keinen grösseren Schaden angerichtet – aber die Angst vor einer laut Experten unabwendbaren Katastrophe befeuert.
Familie sitzt unter Bäumen auf einer Wiese mit Decken und Vorräten.
Legende: Nach dem Erdbeben campieren Menschen in Istanbul im Freien. AP Photo/Khalil Hamra

Etliche Menschen haben die Stadt aus Angst vor einem grossen Beben verlassen. Hotels entlang der türkischen Ägäisküste registrieren einen deutlichen Anstieg der Hotelbuchungen. Flugtickets ab Istanbul in andere Städte der Türkei waren am Abend des Bebens und am Donnerstag nicht mehr zu erhalten, berichtete eine dpa-Reporterin. Auf den Websites der Fluglinien seien alle Flüge ausgebucht gewesen.

Schulen und Moscheen als Notunterkünfte

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Nach dem schweren Erdbeben sind rund 101’000 Menschen in Istanbul mittlerweile in Notunterkünften wie Schulen, Moscheen und Logistiklagern aufgenommen worden. Das teilte der türkische Innenminister Ali Yerlikaya auf einer Pressekonferenz mit.

Bislang sind laut Städteministerium rund 1400 Schadensmeldungen an Gebäuden registriert worden – rund 1.5 Millionen Bauten werden demnach im Falle eines starken Erdbebens als «riskant» eingestuft.

Viele Menschen wollen nach dem schweren Erdbeben in Istanbul nicht in ihre Häuser zurück, weil Experten warnen, dass ein noch stärkeres Beben die Millionenmetropole erschüttern könnte. Zum Teil haben die Anwohner in Parks und in ihren Autos übernachtet. «Bei einem Erdbeben haben wir nirgendwo Zuflucht. Also wir bleiben hier (im Freien), um wenigstens ein bisschen Schutz zu haben», sagte ein Mann der türkischen Nachrichtenagentur DHA.

Laut Staatssender TRT Haber hat der Türkische Rote Halbmond in den Sammelunterkünften bislang Lebensmittelhilfen für 350’000 Menschen bereitgestellt. Wie die Hilfsorganisation mitteilte, sind derzeit 3000 Freiwillige und Mitarbeiter mit mehr als 100 Verpflegungsfahrzeugen im Einsatz.

Mehrere Erdbeben in Istanbul

Istanbul wurde am Mittwoch von mehreren Erdbeben erschüttert. Um 12:49 Uhr Ortszeit registrierte der Katastrophendienst Afad das bislang stärkste Beben der Stärke 6.2 mit einem Epizentrum im vor der Stadt gelegenen Marmarameer.

Zahlreiche weitere Erdstösse der Stärken 4 bis 5 folgten. Bis zum Abend meldete Afad 184 Nachbeben.

Erdogan: Erdbeben nicht für Politik ausnutzen

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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat davor gewarnt, das Beben für politische Zwecke auszunutzen.

Solche Tage seien nicht dazu da, «Politik zu machen», sondern sich an die «Einheit und Brüderlichkeit» zu erinnern. Er wolle an solch sensiblen Tagen nicht diskutieren und sehe das als «Respektlosigkeit gegenüber dem Volk». «Unser grösster Trost ist, dass wir keine Toten zu beklagen haben.»

Die Opposition wirft der Regierung Erdogans Versäumnisse bei der Stadtentwicklung und mangelnde Sicherheit vor Erdbeben vor. Die wiederum wirft der in der Metropole regierenden grössten Oppositionspartei CHP vor, Fortschritte bei der Erdbebensicherheit zu blockieren.

Präsident Recep Tayyip Erdogan erklärte am Mittwochabend: «Unsere Bürger können beruhigt sein. Als Staat werden wir weiterhin rund um die Uhr mit allen unseren Einheiten in Alarmbereitschaft bleiben und für unsere Nation arbeiten, die Situation unter Kontrolle zu haben.»

Der inhaftierte und abgesetzte Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoglu kritisierte die Regierung am Mittwoch dafür, eine Erneuerung der Stadt versäumt zu haben.

Zwölf Gebäude vorsorglich evakuiert

Nach Angaben von Gesundheitsminister Kemal Memişoğl auf X gab es insgesamt 236 Verletzte – davon 173 in Istanbul, die übrigen in anderen Provinzen. Ihm zufolge wurden 15 Menschen noch in Spitälern behandelt. Manche der Betroffenen hätten sich bei dem Versuch verletzt, sich mit Sprüngen aus Gebäuden in Sicherheit zu bringen. Laut Städtebauminister Murat Kurum (AKP) wurden zwölf Gebäude vorsorglich evakuiert.

Menschen.
Legende: Als die Erde bebte, suchten viele Menschen in Istanbul das Freie. Reuters/Murad Sezer

Das Beben hatte zahlreiche Menschen in der Stadt auf die Strasse stürmen lassen. Berichten des Staatssenders TRT zufolge holten Menschen ihre Angehörigen aus Spitälern.

Auch in Griechenland spürbar

Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein weiteres starkes Beben folge, sagte der Geologe Okan Tüysüz dem Sender NTV. Das Hauptbeben werde noch kommen, schrieb Erdbebenforscher Naci Görür auf X.

Das Erdbeben war auch in Teilen des Nachbarlands Griechenland deutlich zu spüren. Vor allem im Nordosten am Grenzfluss Evros zur Türkei hin wurden die Menschen in Angst versetzt, berichteten griechische Medien. Meldungen über die Erdstösse gab es ausserdem von etlichen Ägäisinseln, darunter Chios und Lesbos. Schäden habe es jedoch nicht gegeben.

Auch im nordwestlich angrenzenden Bulgarien war das Beben spürbar, am stärksten im südöstlichen Grenzgebiet und in der Region Burgas am Schwarzen Meer, wie das Geophysische Institut in Sofia mitteilte.

SRF 4 News, 23.4.2025, 14:00 Uhr ; 

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