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International Türkische Christen – Gäste im eigenen Land

Auf Gesetzesebene haben die Armenier in der Türkei heute mehr Rechte. In der Gesellschaft ist die christliche Minderheit aber immer noch geächtet. Mit dem Papstbesuch in der Türkei soll sich das ändern.

Es wirkt wie ein ewig wiederkehrendes Déjà-vu: Der Papst kündigt seinen Besuch in der Türkei an – und wieder einmal keimt bei den griechisch-orthodoxen Christen am Bosporus Hoffnung auf:

«Was wir uns von diesem Besuch erhoffen?», fragt der Sprecher des griechisch-orthodoxen Patriarchats, Peder Dositheos. «Wir hoffen auf die Wiedereröffnung unseres Priesterseminars auf Halki. Nach wie vor tut sich dort nichts. Vielleicht wird der Papst in Ankara ein Wort für uns einlegen.»

Zankapfel Priesterseminar

Halki, immer wieder Halki. Egal ob der deutsche Bundespräsident, der amerikanische Aussenminister oder eben der Papst in die Türkei kommt. Immer hoffen die griechisch-orthodoxen Christen dort auf die Wiedereröffnung ihres Priesterseminars, das im Jahr 1971 von der türkischen Regierung geschlossenen wurde.

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Türkische Christen hoffen auf Versöhnung
aus SRF 4 News aktuell vom 28.11.2014.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 54 Sekunden.

Als diese Hoffnungen auch bei einem im vergangenen Jahr gross angekündigten Demokratiepaket wieder enttäuscht wurden, hatte der damalige Premier Recep Tajyp Erdogan hinterher sogar eine Erklärung parat. Die christliche Minderheit fand sich plötzlich als Faustpfand in einer Auseinandersetzung mit Griechenland wieder, die sie – von jeher türkische Staatsbürger – eigentlich gar nicht betraf. «Es ist für uns kein Problem das Priesterseminar wiederzueröffnen», erklärte Erdogan damals. Aber er erwarte im Gegenzug, dass zerfallene Moscheen in Athen wieder aufgebaut werden.

Der Gesetzgeber ist zwar progressiv...

Die türkische Verfassung schützt die Rechte von griechisch-orthodoxen und armenischen Christen ausdrücklich. Auch ist unbestritten, dass die konservative AKP-Regierung in den letzten Jahren auf die nicht-muslimische Bevölkerung zugegangen ist: In der Vergangenheit entschädigungslos enteignetes Stiftungseigentum kann nun zurückgefordert werden, Gottesdienste an symbolträchtigen Orten wie der Kirche zum Heiligen Kreuz im Südosten des Landes sind immerhin zu besonderen Anlässen möglich.

«In der Türkei hat sich in den letzten Jahren viel getan», bestätigt der armenische Priester Kirkor Agbaloglu in Istanbul. «Wenn Sie vor 20 Jahren ein Buch über die Massaker an den Armeniern geschrieben hätten, wäre es konfisziert worden und Autor und Verlag wären vor Gericht gelandet. Aber durch die veränderten Gesetze konnte in den letzten über viele Themen geschrieben werden.»

...die Gesellschaft verharrt aber im alten Denken

Und doch ändert all das kaum etwas an der generellen Einstellung, die auch in der Diskussion um das Priesterseminar auf Halki zum Ausdruck kommt: Nicht-Muslime gelten in der Türkei oft nicht als echte Staatsbürger. Vielmehr behandelt man sie als Gäste, meint Arus Yumul, armenisch-türkische Soziologin an der Istanbuler Bilgi-Universität. «Sie werden sogar als potenzielle Gefahr angesehen. Wir dürfen nicht vergessen, dass es hier einst sogar ein Gesetz gab, das die Minderheiten als so genannte lokale Ausländer definierte. Das Gesetz ist abgeschafft. Aber ich glaube, dass die Mehrheit der Menschen immer noch so denkt.»

Regelungen, wie die obligatorische Angabe der Religionszugehörigkeit im türkischen Personalausweis oder die generelle Verpflichtung für Schüler, am sunnitischen Religionsunterricht teilzunehmen, bestärken das Gefühl vieler Christen, als Bürger zweiter Klasse behandelt zu werden.

«Armenier» als Schimpfwort

Soziologin Yumul durchsuchte jüngst die sozialen Netzwerke des Landes auf den Umgang mit dem Wort Armenier. Ihre Erkenntnisse brachte ein Interneteintrag auf den Punkt: «Jemanden in der Politik einen Armenier zu nennen, ist das Schlimmste, was du ihm antun kannst.» Das sei wirklich so, sagt Yumul. «In diesem Land wirkt es immer noch wie ein Verbrechen, einen Armenier in der Familie zu haben. Und jemanden einen Armenier zu nennen, ist deswegen eine Beschimpfung, für die Leute vor Gericht landen und bestraft werden.»

Und so sind es am Ende nicht vorrangig die Gesetze, sondern viel mehr die Gedanken, die sich ändern müssten, damit sich die Christen in der Türkei wieder zuhause fühlen können. Dort, wo ihre Religion einst ihren Anfang nahm.

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