- Ein Haftrichter in Istanbul hat Untersuchungshaft für den deutsch-türkischen Korrespondenten der Tageszeitung «Die Welt», Deniz Yücel, erlassen.
- Dem 43-Jährigen werden «Propaganda für eine terroristische Vereinigung und Aufwiegelung der Bevölkerung» vorgeworfen.
- Er befand sich seit 13 Tagen in Polizeigewahrsam.
Yücel hatte sich am 14. Februar bei der Polizei in Istanbul gemeldet, weil nach ihm gefahndet wurde. Zunächst schienen sich die Vorwürfe um Yücels Berichte über gehackte E-Mails zu drehen, die vom Konto von Energieminister Berat Albayrak stammen sollen. Albayrak ist der Schwiegersohn von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan. Worauf die Vorwürfe des Staatsanwalts beruhen, blieb zunächst unklar.
Unter dem derzeit geltenden Ausnahmezustand in der Türkei können Verdächtige bis zu 14 Tage in Gewahrsam gehalten werden. Deshalb musste Yücel spätestens an diesem Dienstag einem Haftrichter vorgeführt oder freigelassen werden. Verdächtige können in der Türkei bis zu fünf Jahre in Untersuchungshaft gesperrt werden.
Yücel ist seit Mai 2015 Türkei-Korrespondent der «Welt». Die Regierung hatte ihm eine Akkreditierung verweigert. Da er auch türkischer Staatsbürger ist, konnte er dennoch legal im Land arbeiten. Zahlreiche türkische Journalisten sind nicht von der Regierung akkreditiert. Bei ausländischen Korrespondenten ist die Akkreditierung Voraussetzung für die Aufenthaltsgenehmigung.
Merkel: Unverhältnismässig hart
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel kritisierte die Untersuchungshaft für Yücel in der Türkei scharf. «Die Nachricht (...) ist bitter und enttäuschend», erklärte sie in Berlin. «Diese Massnahme ist unverhältnismässig hart, zumal Deniz Yücel sich der türkischen Justiz freiwillig gestellt und für die Ermittlungen zur Verfügung gestellt hat.»
Die deutsche Regierung erwarte, dass die türkische Justiz in ihrer Behandlung des Falles Yücel «den hohen Wert der Pressefreiheit für jede demokratische Gesellschaft» berücksichtige. «Wir werden uns weiter nachdrücklich für eine faire und rechtsstaatliche Behandlung Deniz Yücels einsetzen und hoffen, dass er bald seine Freiheit zurückerlangt.»
Reporter ohne Grenzen forderte die sofortige Freilassung Yücels. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien einfach absurd, hiess es. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) nannte den Haftantrag des Staatsanwalts für Yücel einen «entsetzlichen Verstoss gegen die Pressefreiheit».