US-Präsident Donald Trump hat bei seinem ersten Besuch in Europa seinen Verbündeten auf offener Bühne eine Standpauke gehalten. Mit scharfen Worten forderte er die Nato-Partner abermals auf, mehr Geld für Rüstung einzusetzen.
Trump gibt sich ungeduldig, er liest den anderen Partnern die Leviten. Das ist bemerkenswert, sollte es in Brüssel doch eigentlich darum gehen, das neue Nato-Hauptquartier feierlich zu eröffnen. Dazu findet Trump zwar schöne Worte – «Es ist wunderschön» – doch seine harte Kritik stellt alles andere in den Schatten.
«23 der 28 Mitgliedsstaaten zahlen immer noch nicht das, was sie zahlen sollten», wettert er. «Das ist nicht fair gegenüber dem amerikanischen Volk und den Steuerzahlern in den Vereinigten Staaten», sagt Trump.
Washington erhöht Verteidigungshaushalt
Der US-Präsident sagt auch, dass nicht einmal die Erfüllung des Zwei-Prozent-Zieles genug sei. Er meint damit die Verpflichtung der Bündnispartner, spätestens von 2024 an zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für das Militär auszugeben. Denn die Europäer verlassen sich seit Jahrzehnten auf das Abschreckungspotenzial und den Schutz durch die USA.
Die neue Regierung in Washington will die Militärausgaben für Europa zudem noch einmal deutlich steigern. Im Entwurf für den Haushalt 2018 sind 4,8 Milliarden Dollar zur Unterstützung von Nato-Sicherheitsmassnahmen vorgesehen.
Bedrohungen aus Moskau
Trump erwähnt Russland in seiner Rede kurz. Er spricht davon, dass die Nato sich neben dem Kampf gegen den Terror auch auf die Bedrohungen aus Moskau konzentrieren müsse. Die Aussage dürfte von seinen politischen Gegnern in den USA sehr genau zur Kenntnis genommen worden sein.
Hat Trump damit die Nato geschwächt? Mit Blick auf Russland vielleicht schon. Es gibt jedoch auch eine andere Lesart. Sie lautet, dass Trump das Bündnis sogar stärkt, weil er dafür sorgt, dass die Partner mehr für Verteidigung ausgeben und sich stärker im Kampf gegen den Terror engagieren.
Streitereien unter Nato-Partnern
Zahlreiche unterschiedliche diplomatische Konflikte unter den Nato-Partnern belasteten das Spitzentreffen. So drohte Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrer Ankunft in Brüssel der Türkei mit dem Abzug deutscher Soldaten vom Stützpunkt Incirlik in der Türkei.
Deutschen Bundestagsabgeordneten war der Besuch dort verwehrt worden. Merkel sprach am Rande des Nato-Gipfels deshalb mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Das Gespräch dauerte 30 Minuten. Dabei soll sich der türkische Präsident hart gezeigt haben und eine Einigung ausgeblieben sein.
Auch die Veröffentlichung heikler Informationen zum Terroranschlag von Manchester in den USA hat einen handfesten Krach zwischen London und Washington ausgelöst. Die britische Premierministerin Theresa May stellte Trump darüber persönlich zur Rede. Trump kündigte eine Untersuchung an.
Am Rande des Nato-Gipfels gab es kleinere Proteste. Rund 140 Demonstranten wurden laut der Polizei vorübergehend festgenommen. Einige Dutzend Demonstranten hatten kurz vor der Ankunft von US-Präsident Donald Trump eine Kreuzung nahe dem Nato-Hauptquartier blockiert. Dafür hatten sie sich aneinander gekettet und auf die Strasse gelegt.