Würde Donald Trump im November gewählt werden, wäre er altersmässig ein Rekordhalter: Trump ist kürzlich 70 Jahre alt geworden. Der bisher älteste Präsident war Ronald Reagan: Er zog mit 69 ins Weisse Haus ein. Auch Trumps voraussichtliche Gegnerin ist nicht viel jünger: Die Demokratin Hillary Clinton ist 68. Ein Alter, in dem andere bereits in Rente sind. Ist das zu alt fürs Weisse Haus?
«Ich bin 81», sagt Senator Jim Inhofe in den Gängen des US-Kapitols. «Welche Antwort erwarten Sie von mir? Dass ich zu alt bin, um Präsident zu werden?» Ein älterer Präsident sei doch kein Problem. Der 65-jährige Senator Chuck Schumer meint sogar: «Heutzutage ist 70 wie 40.» Und der 61-jährige Senator Ron Johnson findet, dass Vitalität, gute Gesundheit und «Altersweisheit» viel wichtiger seien.
«Grundsätzlich baut der Mensch ab 60 ab»
Kein Wunder, sind diese Herren alle gleicher Meinung, sind sie selber doch auch nicht mehr die Jüngsten. Mit 54 gehört Senatorin Tammy Baldwin zu den jüngeren Mitgliedern des US-Senats. Ihre 94-jährige Grossmutter zeige doch, dass man auch mit 70 noch fit sein könne: «Die Menschen leben heute gesünder und länger», betont sie. «Ich mache mir da keine Sorgen.»
Der medizinische Experte sieht das etwas anders. Mark Fisher ist Professor für Neurologie, Politwissenschaften und politische Psychiatrie. Er lehrt an der Universität von Kalifornien in Irvine und ist nicht der Meinung, dass 70 das neue 40 sei. «Da muss man von Fall zu Fall unterscheiden», sagt er.
Natürlich könnten Menschen im Seniorenalter ein hohes Amt bewältigen, aber das sei bei jedem verschieden. Ganz grundsätzlich baue der Mensch ab 60 ab, er könne Gefässkrankheiten bekommen oder es machten sich degenerative Probleme wie etwa Demenz bemerkbar.
Weniger offensichtlich ist es hingegen, wenn die Fähigkeit Entscheidungen zu treffen gestört wird. Dies passiert speziell bei Menschen über 60 und zwar im vordersten Teil des Gehirns, im sogenannten präfrontalen Cortex: «Das ist das primäre Zentrum für entscheidungsfindende Aktivitäten», weiss Fisher. Die Entscheidungsfähigkeit im Gehirn wird durch Krankheiten wie hoher Blutdruck beeinflusst oder eben beeinträchtigt.
Trumps Gesundheitsbericht unglaubwürdig
Wie gesund die beiden mutmasslichen Präsidentschaftskandidaten Trump und Clinton sind, kann Professor Fisher nicht sagen. Im detaillierten, medizinischen Bericht von Clinton stehe jedoch nichts Alarmierendes. Nur ihr Cholesterinwert sei grenzwertig hoch. Der Bericht von Trump klingt wie er selber: Alles an ihm sei exzellent und aussergewöhnlich gut.
Solche Ausdrücke verwende man nicht in einem seriösen Bericht, betont Fisher. Der medizinische Experte findet den Inhalt des Berichts oberflächlich und nicht glaubwürdig. «Ich glaube nicht, dass er sehr viel über Trumps Gesundheit aussagt.»
Reagan lachte über «junge» Herausforderer
Wirkt Trump denn grundsätzlich fit? Eigentlich schon. Doch ob Trumps viel kommentierter, ständiger Meinungswechsel einfach zur politischen Strategie gehört, oder ob er vielleicht Mühe hat, klare Entscheidungen zu treffen, bleibt für Professor Fisher jedoch eine offene Frage.
Falls Trump im November mit 70 zum Präsidenten gewählt wird, löst er den bisherigen Rekordhalter Ronald Reagan ab. Ihm gelang es aber, bei seiner Wiederwahl 1984 sämtliche Kritik an seinen bereits 73 Lenzen im Keim zu ersticken: «Ich werde die Jugend und Unerfahrenheit meines Gegners nicht für politische Zwecke ausnutzen», sagte er über seinen Herausforderer Walter Mondale, damals 56. Reagan wurde glanzvoll wiedergewählt.