Der Saal im Besuchszentrum des Kapitols ist prall gefüllt. Vorne auf dem Podium sitzen namhafte Ukraine-Experten von Washington – von allen namhaften Thinktanks quer durch das politische Spektrum. Das Thema des Podium-Gesprächs: Die strategischen Interessen der USA in der Ukraine. Organisiert hat die Veranstaltung Botschafter Jon Herbst vom «Atlantic Council».
Es herrsche die Gefahr, dass wegen des Impeachment-Verfahrens, die Interessen der USA in der Ukraine untergingen, sagt Herbst. Aber mehr will er über das Impeachment nicht sagen. «Es ist im Moment am klügsten zu schweigen», so der einflussreiche Intellektuelle in Washington.
Ich befürchte, dass das Thema Ukraine in Washington zum toxischen Parteipolitikum werden könnte.
Auch Parlamentarier wie die demokratische Abgeordnete Marcy Kaptur oder der Republikaner Ron Johnson treten auf. Auf dem Weg ins Parlament zurück lässt sich dieser eine Frage von SRF gefallen: Stehen die Republikaner im Kongress noch zur Ukraine? «Aber sicher», sagt er fast unwirsch.
«Der Kongress und die Trump-Regierung haben der Ukraine sogenannte tödliche Verteidigungs-Waffen geliefert, das ist unter der Obama-Regierung nicht möglich gewesen.» Er lade die Europäer nach Washington ein, um zu sehen, wie sehr der Kongress zur Nato und der Ukraine stehe.
Senator Ron Johnson aus Wisconsin war bei der Amtseinweihung des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski dabei und sorgte nach eigenen Angaben dafür, dass Präsident Trump die eingefrorene Militärhilfe wieder fliessen liess.
Viele Desinformationen
Alina Polyakova von der «Brookings Institution» wünscht sich mehr als Worte der Republikaner. «Ein überparteilicher Beschluss zur Unterstützung der Ukraine würde klarstellen, dass trotz der Turbulenzen in Washington die US-ukrainische Allianz intakt bleibe.» Hat denn das Impeachment dieser bereits geschadet? «Ja, die USA sind nicht mehr so präsent wie zuvor – wegen gewisser personeller Abgänge.»
Das Impeachment hat der US-ukrainischen Allianz geschadet.
Die Ukraine-Experten sahen zu, wie Informationen gewisser ukrainischer Kreise den Weg ins Weisse Haus fanden. Von Desinformation spricht Jonathan Katz vom «German Marshall Fund». «Man muss diese entlarven und zusammen mit der EU schauen, wie man die Demokratie der Ukraine fördern und die Sicherheit des Landes wahren kann, damit das Land ein Partner des Westens bleibt».
Auch Luke Coffey vom regierungsnahen Thinktank «Heritage Foundation» spricht von Desinformation im Weissen Haus. «Viele Leute in Washington sind russischer Propaganda auf den Leim gekrochen.» Die US-Geheimdienste hätten klar festgestellt, dass Russland, nicht die Ukraine, sich in die US-Wahlen eingemischt habe und dies auch wieder tun würde.
Viele Leute in Washington sind russischer Propaganda auf den Leim gekrochen.
«Haltung in Washington unbestritten»
Doch warum ist die Ukraine für die Sicherheitsinteressen der USA eigentlich so wichtig? «Die USA setzen sich für die Sicherheit Europas ein. Diese wird durch den revisionistischen Kurs Putins bedroht», so Herbst. Die USA würden Europa als Nato-Partner mit Truppen schützen. «Wenn man die Russen in der Ukraine stoppt, muss man das nicht im Baltikum tun.»
Die USA setzen sich für die Sicherheit Europas ein. Diese wird durch den revisionistischen Kurs Putins bedroht.
So lautet die reine Lehre der aussenpolitischen Experten in Washington. Und diese Haltung sei in Washington weiterhin unbestritten, sagt Herbst. «Das zeige das grosse Interesse an der überparteilichen Lobby-Veranstaltung im Kongress.»