Seit Sommer 2012 ist fast ein Drittel der syrischen Bevölkerung aus dem kriegsversehrten Land geflohen. Die Lebensgrundlage für die Menschen ist mehrheitlich zerstört. Als dort 2011 der «arabische Frühling» zaghaft zu blühen begann, zerschlug Machthaber Baschal al-Assad den demokratischen Aufstand.
In der Folge radikalisierte sich der Widerstand und radikal-islamische Gruppen formierten sich, darunter die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Sie ist nicht nur eine Organisation, sondern beherrscht auch ein riesiges Gebiet in Teilen Syriens bis in den Irak. Schätzungsweise fünf bis acht Millionen Menschen leben in Territorien, die vom IS kontrolliert werden.
Die Terrororganisation verfügt gar über gewisse staatliche Strukturen und hat viele flüssige Mittel zur Hand. Experten schätzen das Vermögen der Islamisten auf eine bis zwei Milliarden Dollar. Die Haupteinnahmequelle sind Steuern, Abgaben und Zölle, die er in den besetzten Gebieten erhebt.
Quasi-staatliche Leistungen des IS
«Der IS kann darum mit seinem Geld auch Leistungen anbieten, die der Bevölkerung den Eindruck geben, der IS habe auch seine gute Seite. Denn er kann irgendeine Art von medizinischer Versorgung anbieten, oder auch teilweise Schulen anbieten», sagt Reinhard Schulze, Islamwissenschaftler an der Universität Bern. «So ergibt es für die Bevölkerung sogar einen Sinn, Steuern zahlen zu müssen.»
Lukrativer Handel mit Erdöl und kleinen Kulturgütern
Hintergrund
Eine weitere wichtige Finanzquelle ist der Handel mit Erdöl. Die Einnahmen daraus könnten geschätzt rund eine halbe Milliarde Dollar betragen. Und die Angriffe der westlichen Allianz und Russlands auf die Erdöl-Infrastruktur haben den IS bisher nicht nachhaltig verwundet.
Die dritte grosse Einnahmequelle des IS ist der Handel mit Kulturgütern. Zwar verbreitet die Terrormiliz oft zu Propagandazwecken Bilder und Videos von Zerstörung von Tempeln oder Skulpturen. Doch das ist nach Ansicht von Mirko Novák, Archäologe der Universität Bern, nur ein Teil der Wahrheit.
«Die kleinen Objekte werden nicht zerstört, sondern ins Ausland verkauft. Dadurch werden Teile der Einkünfte des IS beschafft. Schätzungen gehen davon aus, dass der IS rund 20 Millionen Dollar pro Jahr mit Kulturgütern verdient.
Der IS ist auf diese Gelder angewiesen. Denn sein Terrorfeldzug kostet Geld. Genau deswegen solle man den IS nicht mit Krieg bekämpfen, betont Mirko Novák: «Den IS kann man meines Erachtens nur bekämpfen, wenn man ein knallharte Embargo umsetzt. Das heisst, verhindert, dass Kulturgüter, aber auch beispielsweise Erdöl aus dem Gebiet des IS heraus gelangen und im Gegenzug Waffen und andere Güter hineinkommen.
Ein effektives Mittel im Kampf gegen den IS ist damit nicht der militärische Angriff. «Den IS muss man schlichtweg austrocknen», erklärt Novák.