Freundlich im Umgang, aber hart in der Sache. So präsentiert sich Alexander Golovin, der russische Botschafter in Bern, während des Gesprächs mit der Radiosendung «Rendez-vous» in seiner Residenz. Mit Nachdruck vertritt er die Ansicht, dass Russland völlig zu Unrecht in der Kritik stehe. «Russland stand nicht an der Quelle der Ereignisse», sagt er. Das russische Verhalten sei nicht der Grund für die Krise in der Ukraine.
«Staatsstreich»
Schuld sei viel mehr das, was in der ukrainischen Hauptstadt Kiew passiert sei. Dort sei der gewählte Präsident Viktor Janukowitsch gestürzt worden und andere Gruppierungen hätten einfach die Macht übernommen. Golovin spricht von «Putsch» und «Staatsstreich» in Kiew. Dies sei der Grund für die Krise. «Es kam eine Regierung an die Macht, die Russland als illegitim betrachtet.»
Klar ist: Auch Russland ist ein Faktor im ukrainischen Geschehen. Der russische Föderationsrat hat Präsident Wladimir Putin das Recht erteilt, nötigenfalls das Militär in die Ukraine zu schicken, um dort die russische Minderheit zu schützen. So lautet zumindest die offizielle Begründung.
Golovin streitet russischen Einsatz auf der Krim ab
Seit Tagen berichten verschiedene Beobachter von der Krim, bereits würden russische Soldaten an verschiedenen Orten ihre Präsenz markieren. Doch Botschafter Golovin bestreitet das. «Das entspricht nicht der Wahrheit», betont er. Die russischen Soldaten würden nur Objekte der Schwarzmeerflotte beschützen. Das sei gemäss einem russisch-ukrainischen Vertrag aus den 1990er Jahren ja zulässig. «Sie mischen sich nicht in die Ereignisse in der Ukraine ein.»
Das sieht die internationale Gemeinschaft etwas anders. Für sie ist dringend nötig, eine Lösung für die Krim-Krise zu finden. Doch auch hier gibt sich der russische Botschafter sehr zurückhaltend. Direkte Verhandlungen zwischen Moskau und der neuen Regierung in Kiew seien momentan kein Thema. «Wir erkennen diese Regierung nicht als legitim an.» Deshalb meide Russland im Moment jeden direkten Kontakt mit den Machthabern in der Ukraine, so Golovin.
Für Russland gebe es nur eine Lösung: Das Abkommen, das die Aussenminister Polens, Deutschlands und Frankreichs im Februar ausgehandelt hatten. Dem Plan hatte auch der damalige Präsident Janukowitsch zugestimmt. Er müsse nun umgesetzt werden. Dort stehe drin, wie die Krise in der Ukraine zu lösen sei: Mit einer Übergangsregierung und Neuwahlen.
Weit entfernt vom Kalten Krieg
Aus russischer Sicht liegt die Verantwortung der Krise also bei anderen. Anders sieht man das bekanntlich im Westen – auch in der Schweiz. Als eine Konsequenz hat der Bundesrat bereits beschlossen, vorerst keine Gebirgskurse mehr für russische Soldaten in Andermatt anzubieten. Golovin bedauert das und verweist auf die guten diplomatischen Beziehungen zur Schweiz, die seit 1814 bestünden. «Gerade im Jahr des Jubiläums werden einige Vereinbarungen gestrichen – das ist nicht zu begrüssen.»
Eine schnelle Lösung im ukrainischen Drama ist nicht in Sicht – und internationale Vermittler werden es nicht einfach haben. Zum Schluss gibt der russische Botschafter immerhin etwas beruhigendes mit auf den Weg: Von einer Situation wie im Kalten Krieg sei man noch weit entfernt, sagt er.