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Das Leben hatte es bislang nicht sonderlich gut gemeint mit Wjatscheslaw Ponomarjow. Nach dem Dienst in der Sowjetarmee verdiente er in den chaotischen 1990ern mit verschiedenen Geschäften Geld, doch er kam auf keinen grünen Zweig.
Nun steht er plötzlich im öffentlichen Rampenlicht. Der 48-jährige Seifenfabrikant hat sich Mitte April zum Volksbürgermeister der 120'000-Einwohner-Stadt Slawjansk in der Ostukraine ausrufen lassen. Seither hält er die Welt in Atem.
Vertreter einer Verlierer-Generation
Trainerjacke, Käppchen und bewaffnete Bodyguards, das sind seine Markenzeichen. Er selbst bezeichnet sich als «einfachen Mann» und gibt sich bürgernah. Widerspruch hingegen duldet er nicht.
SRF-Korrespondent Christoph Wanner ist dem Führer der Separatistenbewegung von Slawjansk mehrmals begegnet. Seiner Meinung nach gehört der Milizenchef der breiten Schicht von unzufriedenen Bürgern ohne jegliche Zukunftsperspektiven an.
«Das ist der ideale Nährboden für einen Aufstand und hier stand Ponomarjow für einmal in seinem Leben zur richtigen Zeit am richtigen Ort.» Nur so liesse sich erklären, weshalb der untersetzte Mann mit dem Stiernacken und geschorenem Haar zum Anführen der Separatisten werden konnte. «Der Umgang mit Waffen ist dem Mann bestimmt nicht fremd», meint Wanner.
Ferngesteuert von Moskau
Der in Slawjansk geborene Ponomarjow soll im Afghanistan-Krieg in einer sowjetischen Spezialeinheit gedient haben, heisst es. Einen direkte Verbindung zu Russland liesse sich Ponomarjow zwar nicht nachweisen. Für Wanner steht aber ausser Zweifel, dass der selbsternannte Bürgermeister quasi ferngesteuert wird. Je nach Signal aus Moskau ändert er seine Meinung. Das mache den Mann auch so unberechenbar.
Verhandlungen über die Freilassung der OSZE-Geiseln seien deshalb äusserst kompliziert. Mal fordere er den Austausch von Gesinnungsgenossen, dann wieder die Rücknahme von Sanktionen.
Die wahren Drahtzieher des Widerstands im Osten der Ukraine seien aber nicht die pro-russischen Separatisten unter Führung von Ponomarjow, sondern Sondereinheiten aus Russland. «Militärisch ausgebildete Spezialkräfte bilden das Gerüst der Milizen, verstärkt werden sie von übergelaufenen ukrainischen Armeeangehörigen und einer Vielzahl unzufriedener Bürger.»
Deren Absicht sei primär die Destabilisierung der Region. Langfristiges Ziel der pro-russischen Separatisten sei das Modell Transnistrien, glaubt Wanner. Im schmalen Landstrich in Moldawien haben sich 2006 97 Prozent der Bevölkerung für einen Anschluss an Russland ausgesprochen. In diesem Plan spiele Wjatscheslaw Ponomarjow keine wesentliche Rolle, im besten Fall sei er ein Werkzeug für das übergeordnete Ziel.