Am Wochenende haben sich nord- und südkoreanische Marineboote gegenseitig beschossen. Offenbar hat ein Patrouillenboot der Nordkoreaner die Seegrenze zwischen den Staaten überquert. Die Frage ist, wer den Schiessbefehl gegeben hat.
Denn vom jungen Diktator Kim Jong Un hört man schon seit rund einem Monat nichts mehr. Nordkoreas Staatsfernsehen hatte zuletzt berichtet, Kim fühle sich unwohl, führe aber weiter das Land an. Medien in Südkorea berichteten, Kim habe angesichts seines Übergewichts Probleme mit den Füssen und leide vermutlich an Gicht.
Gesund oder nicht: Auch wo sich Kim Jong Un gegenwärtig aufhält, ist unklar. Wäre es denkbar, dass er entmachtet worden ist? Für Eric Ballbach vom Institut für Korea-Studien an der Freien Universität Berlin sind solche Spekulationen verfrüht. «Letztlich weiss jeder innerhalb und ausserhalb der nordkoreanischen Führungsriege, wie Legitimation in Nordkorea funktioniert», sagt er gegenüber SRF. «Sprich, dass die Zugehörigkeit zur Kim-Familie die wichtigste aller Legitimationslinien darstellt.»
Viel besser gestellt als Normalbevölkerung
Nach der Staatsgründung 1948 durch Kim Il Sung wurde die politische Macht in Nordkorea zuerst an dessen Sohn Kim Jong Il, und dann weiter an den gegenwärtigen Führer und Enkel des Staatsgründers übertragen. «Ein Putsch würde die Legitimierung einer jeden Führung, sollte sie ausserhalb der Kim-Familie sein, in Frage stellen», glaubt Ballbach. Ausserdem: «Wer innerhalb der Führung sollte an einem Putsch ein Interesse haben? Sowohl materiell als auch immateriell gehört die nordkoreanische Führung sicherlich zur privilegiertesten Bevölkerungsschicht.»
Gerüchte über den Gesundheitszustand des Führers seien zudem nichts Aussergewöhnliches, erklärt Ballbach weiter. «Das hat man schon bei Kim Jong Uns Vater gesehen, Kim Jong Il, der hatte schwere Herzprobleme.» Schon damals habe es in Nordkorea ähnliche Debatten gegeben wie heute. Insofern: «Gesundheitsprobleme der Führung zu diskutieren ist sicher nicht ganz angenehm für die Propagandisten in Pjöngjang, aber auch nicht ganz neu.»