Der Pressesaal im Westflügel des Weissen Hauses: Präsident Donald Trumps Sprecher Sean Spicer kommt rein, geht hinter das Podium und begrüsst die Journalisten.
Eingepfercht sitzen diese auf den 49 Stühlen oder stehen am Rand des kleinen Raums. So beginnt das tägliche Medien-Briefing.
Die Wahrheit? Nur wenn sie gerade passt!
Trump wollte es abschaffen. Und nun erklärt Sean Spicer doch die Politik des Präsidenten. Oft sind sich dabei der Sprecher und die Journalisten nicht mal über die Fakten einig. Trump glaube halt, was er glaube, erklärt Spicer.
Er selbst verspricht, er wolle als Sprecher stets die Wahrheit sagen. Aber nur, um sogleich anzufügen, über Fakten könne man freilich unterschiedlicher Meinung sein.
Trump ist uns gegenüber feindlicher eingestellt.
Sprecher von US-Präsidenten waren schon immer Sprachrohre ihrer Arbeitgeber. Spicer geht einen Schritt weiter und schafft bei Bedarf «alternative Fakten».
Doch das ist nicht die einzige Änderung für die im Weissen Haus akkreditierten Journalisten, seit Trump einige Meter entfernt im Oval Office arbeitet. Gregory Korty von der Zeitung «USA Today» erinnert etwa an das rasche Tempo im Regierungsbetrieb von Washington: «Fast täglich Dekrete, Medienanlässe, Twitter-Mitteilungen, kontroversen Entscheidungen – es ist schwierig, bei diesem Höllentempo mithalten zu können.» Die Gefahr sei gross, dass man etwas verpasse, sagt Korty, der bereits während der Obama-Regierung aus dem Weissen Haus berichtet hat.
Peter Baker ist langjähriger Korrespondent der «New York Times». Jener Zeitung also, die Trump auf Twitter fast täglich attackiert, weil er deren Berichterstattung über sich zu wenig positiv findet. Trump sei sicher empfindlicher als andere Präsidenten, sagt Baker. «Und er ist uns gegenüber feindlicher eingestellt. Aber wir sind nicht die Opposition, wie er behauptet, und wir lassen uns nicht einschüchtern.»
Wie Spicer die Wahrheit versteht
Wer sich in den Medienräumlichkeiten umhört, stellt fest: Die Angriffe auf die Journalisten gehen nicht ganz so spurlos an ihnen vorbei, wie Baker glauben machen will. Einige Journalisten möchten gar nichts sagen zum Thema Trump und Medien. Man ist vorsichtig, will nicht zur Zielscheibe werden.
Er wolle die Journalisten ja nicht der bewussten Fehlinformation beschuldigen, sagt Sean Spicer im Briefing – und tut es dann doch. Es sei nie von einem Einreisebann für Muslime die Rede gewesen, weist Sprecher Spicer eine Journalistin zurecht. Eine andere liest daraufhin einen Tweet von Trump vor und merkt an, der Präsident verwende das Wort ja selber. Doch Spicer lässt das nicht gelten.
Zuckerbrot und Peitsche
Um seine Sicht der Dinge unters Volk zu bringen, lässt Spicer neuerdings auch Medienfragen via Skype zu. Und er sucht neue Verbündete. So erteilt er Journalisten das Wort, die bis jetzt ignoriert wurden.
Alles ist viel offener jetzt.
Anthony Harper von «Intermountain Christian News» gehört zu ihnen. Er durfte schon mehrere Fragen stellen. Und nicht nur das. Harper wurde mit einer kleinen Gruppe von Reportern gar ins Büro von Spicer eingelassen und konnte dort zusätzliche Fragen stellen. «Sehr speziell. Alles ist viel offener jetzt», bilanziert der Journalist.
Das kann damit zusammenhängen, dass «Intermountain Christian News» 17 Millionen christliche Leser in den USA erreicht – sie haben mehrheitlich Trump gewählt. Oder es kann – wie die Kritiker sagen – eine Massnahme sein, um freundlich gesinnte Medien zu bevorzugen und andere zurückzustufen.
Spicer hat jetzt genug
Der Kampf zwischen den Medien und dem Weissen Haus über die Deutungshoheit der Trump-Präsidentschaft hat gerade erst begonnen. Im «James S. Brady Briefing Room» hat Sprecher Spicer für heute jedoch genug informiert und verabschiedet sich.
Die Journalisten hätten da zwar noch ein paar Fragen. Doch die Antworten müssen bis morgen warten.