Der Absturz einer Junkers Ju-52 in den Bündner Alpen stellt das bekannte Oldtimer-Flugzeug in den Fokus. Ist ein 80 Jahre altes Flugzeug noch sicher? Aviatikexperte Hansjörg Bürgi sagt Ja. Denn die Nostalgie-Flieger werden intensiv gewartet und nur von professionellen Piloten geflogen.
SRF News: Die Unfallursache ist noch nicht bekannt. Aber welche Rolle könnte das heisse Wetter gespielt haben?
Hansjörg Bürgi: Ich denke, dass das heisse Wetter bestimmt eine Rolle gespielt hat. Bei diesen Temperaturen sinkt die Leistungsfähigkeit der Flugzeuge mit zunehmender Höhe. Das hat mit der Dichtehöhe zu tun. Aber die Piloten sollten eigentlich damit umgehen können.
Nach ersten Erkenntnissen ist die Maschine senkrecht abgestürzt. Was könnte der Grund dafür sein?
Das deutet darauf hin, dass das Flugzeug einen Strömungsabriss, einen sogenannten «Stall», erlitten hat. Die Geschwindigkeit war zu langsam, um weiterzufliegen und das Flugzeug fällt senkrecht zu Boden.
Die Maschine war offenbar unterwegs von Dübendorf ins Tessin und zurück. Ist das eine besonders schwierige Route für den Piloten?
Nein, das ist eine völlig normale Route, die die Ju-52 wahrscheinlich hunderte, wenn nicht tausende Male geflogen ist.
Das Flugzeug hatte keine Blackbox für eine Flugdatenaufzeichnung. Was heisst das für die Ermittler?
Es wird sicher schwieriger werden, als wenn es eine Blackbox gegeben hätte. Aber mit dem heutigen Wissensstand bin ich eigentlich zuversichtlich, dass man die Ursache eruieren kann. Das kann aber Jahre dauern.
Die Ju-52 ist ein älteres Modell. Was wissen Sie über den Zustand der abgestürzten Maschine?
Die Ju-52 sind die Nostalgie-Flugzeuge schlechthin. In der Schweiz kennt man die «Tante Ju», weil sie seit bald 80 Jahren hier fliegt.
JU-Air nimmt nicht jeden Piloten, der gerne eine JU fliegen möchte.
Das heisst aber nicht, dass der technische Zustand schlecht ist. Die JU-Air, der Betreiber, hat sehr viel Wert auf einen enormen Unterhalt gelegt. Das ist nicht vergleichbar mit modernen Flugzeugen. Bei der Ju-52 wird viel mehr in die Wartung investiert – auch weil es eben ein Flugzeug ist, das mehr Wartung braucht, weil es so alt ist.
Welche Anforderungen stellt das Flugzeug an den Piloten?
Es stellt besondere Anforderungen. Es ist ein grosses Heckrad-Flugzeug, die sind schwieriger zu fliegen als solche mit Bugrad. Aber auch da weiss ich, dass Ju-Air sehr viel Wert auf eine ausgezeichnete Pilotenschulung legt und nicht jeden Piloten nimmt, der gerne eine Ju-52 fliegen möchte. Man muss sich dafür eignen und entsprechende Anforderungen erfüllen. Die Ju-52 fliegen ausschliesslich Berufspiloten. Die meisten fliegen sonst bei grossen Fluggesellschaften oder im Militär.
Wer steht hinter dem Verein JU-Air?
Ju-Air ist die Betreibergesellschaft der Ju-52. Dahinter steht der Verein Freunde der Schweizer Luftwaffe (VFL) mit über 7000 Mitgliedern. Man muss also auch Vereinsmitglied sein, um als Passagier mit dieser Ju-52 fliegen zu können. Die Flugzeuge gehören aber immer noch der Eidgenossenschaft, der Luftwaffe. Die Ju-52 sind an den VFL verliehen für den Flugbetrieb, aber der Verein muss mit seinen Mitteln den Betrieb aufrechterhalten, muss also für sämtliche Kosten aufkommen.
Wer ist für die Wartung dieser Maschinen verantwortlich?
Die Wartung macht die JU-Air selber, mit eigenen Mechanikern, die speziell für diese Flugzeuge ausgebildet wurden und diese Flugzeuge auch in- und auswendig kennen. Und die Aufsicht hat das Bundesamt für Zivilluftfahrt.
Es gibt nicht mehr viele Ju-52-Flugzeuge. Was bedeutet der Absturz für die Liebhaber dieser nostalgischen Flugzeuge?
Neben der Trauer für die Angehörigen der Absturzopfer geht für die Fliegergemeinde ein grosses Stück Kulturgut verloren. In der Schweiz flogen ja die drei einzigen originalen Junkers Ju-52, die mit drei BMW-Motoren angetrieben werden. Das ist ein Unikum und viele Flugbegeisterte aus der ganzen Welt sind in die Schweiz gekommen, um mit diesen Flugzeugen zu fliegen.
Das Gespräch führte Thomas Stalder.