Die Vorgeschichte: Ende November wurde in Olten ein Mann verhaftet. Gegen ihn läuft ein Strafverfahren wegen sexueller Handlungen mit einem Kind. Es wäre nicht das erste Mal. 2006 vergewaltigte er in Starrkirch SO ein achtjähriges Mädchen. Zuvor verging er sich an weiteren Kindern. Er wurde wegen Vergewaltigung verurteilt und musste in einer geschlossenen Anstalt eine Therapie machen.
Als die Therapie noch mal verlängert wird, wehrt sich der Mann vor Gericht. Mehr als 230 Stunden Therapie hatten nichts gebracht, weil er sich nicht für pädophil hält. Deshalb entschied das Obergericht, dass die Massnahme aufgehoben wird. Der Grund: Gemäss Gesetz ist eine stationäre Massnahme nur möglich, wenn es Aussichten auf einen Therapieerfolg gibt.
2016 wurde er entlassen. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Verwahrung gefordert. Doch das war wegen juristischer Hürden nicht möglich. Nach der Entlassung wurde er von den Behörden überwacht. Trotzdem ist er jetzt möglicherweise rückfällig geworden.
Die Anhörung der Verantwortlichen: Am Donnerstag musste unter anderem Oberstaatsanwalt Hansjürg Brodbeck Fragen der Justizkommission beantworten. Auch der Solothurner Justizdirektor Roland Fürst wurde angehört. Die zentrale Frage: Wie kann es sein, dass ein rückfallgefährderter Kinderschänder frei ist und rückfällig wird?
Michael Leutwyler, Vorsteher des Solothurner Amtes für Justizvollzug, gab ein kurzes Statement zum Fall ab: «Grundsätzlich war die Ausgangslage sehr anspruchsvoll für die Vollzugsbehörde. Wir hatten die Situation, dass wir eine ambulante Massnahme durchführen mussten, nachdem die therapeutische Behandelbarkeit verneint wurde. Wir haben William W. sehr eng angebunden, aber schliesslich kann man mit einem ambulanten Therapiesetting keine Rückfallprävention garantieren.»
Das Unverständnis: Für den Solothurner SVP-Nationalrat Christian Imark zum Beispiel wirft der Fall viele Fragen auf. «Die Bevölkerung versteht das nicht, wie ein sechsfacher Kinderschänder frei herumlaufen kann, obwohl mehrere Gutachter unabhängig voneinander sagen, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass der wieder rückfällig wird», ärgert er sich in der Sendung «Schweiz aktuell».
«Wir fordern klar, dass die Justizkommission einen Ausschuss bildet, der die Sache sauber aufklärt. Nicht einfach schnell an einem Nachmittag mit ein paar Befragungen. Das muss seriös abgeklärt werden, weil es auch ein komplexer Fall ist, der Jahre zurückliegt», meint Nationalrat Imark.
Die Politik greift ein: Die Justizkommission des Parlaments ist aktiv geworden. «Die Justizkommission will sich ins Bild setzen lassen aus erster Hand, was in diesem Fall passiert ist. Das wird bis ins Jahr 2014 zurückgehen. Wir wollen wissen, wie die Abläufe waren», sagte Beat Wildi, Präsident der Kommission, am 2. Dezember gegenüber SRF. In diesem Fall sei das Interesse der Öffentlichkeit so gross, dass die Justizkommission fast verpflichtet sei, tätig zu werden, meinte Wildi.