Viele Wählerinnen und Wähler werden am 18. Oktober der Einfachheit halber einfach eine Liste in die Urne werfen – sie entscheiden sich also für eine Partei, ohne vielleicht die einzelnen Kandidierenden im Detail zu kennen. Doch: Ist auch überall SVP oder SP drin, wo es draufsteht? Diese Frage kann man mit Hilfe von Smartvote-Daten zum Teil beantworten.
Der Datenabgleich von Radio SRF und Smartvote zeigt: Es gibt beträchtliche Unterschiede in den politischen Positionen von Kanton zu Kanton – aber auch innerhalb der Parteien.
Wie erwartet: SVP steht weiter rechts
Die SVP politisiert in den Kantonen Aargau und Solothurn weiter rechts als im Schweizer Schnitt. Das heisst generell: Sie bekämpft den Sozialstaat stärker, setzt noch stärker auf eine restriktive Migrationspolitik, fordert noch härtere Gesetze. Diese Erkenntnis überrascht nicht: Viele Exponenten der beiden Kantonalparteien politisieren pointiert rechts und haben es damit zu Bekanntheit gebracht.
Zu erwähnen sind im Aargau zum Beispiel Kantonalparteipräsident Thomas Burgherr, Parteisekretär Pascal Furer und Grossrat Andreas Glarner, der vor allem im Bereich Asylpolitik national bekannt ist. Alle drei stehen im Smartvote-Vergleich am rechten Rand. Im Kanton Solothurn sind bekannte Vertreter Ständeratskandidat Walter Wobmann, Fraktionspräsident Christian Imark und der Oltner Kantonsrat Christian Werner. Auch sie stehen im Smartvote-Profil weiter rechts als die meisten ihrer Parteikollegen.
Solothurner Freisinn ist gar nicht so anders
Auch die FDP in den Kantonen Aargau und Solothurn Kantonen politisiert weiter rechts als die nationale Mutterpartei. Das erstaunt im Aargau kaum. Im Kanton Solothurn allerdings wird der Freisinn von vielen noch als «Sonderfall» wahrgenommen. Diesen Status hat die Partei gemäss Smartvote aber nicht verdient: Die durchschnittliche Position der Kandidierenden entspricht quasi der Aargauer FDP.
Eine mögliche Erklärung für die «verschobene Wahrnehmung»: Nationalrat Kurt Fluri als einziger Solothurner FDP-Abgeordneter im Bundesparlament politisiert relativ weit vom Partei-Schnitt entfernt. Er steht laut Smartvote-Profil deutlich weiter links als seine Parteikollegen, setzt sich inbesondere stärker für eine offene Aussenpolitik ein.
CVP Aargau und Solothurn sehr unterschiedlich
Bei der CVP ergeben sich in den Kantonen Aargau und Solothurn sehr verschiedene Bilder: Die Aargauer Christdemokraten politisieren klar rechts von der Mitte und unterscheiden sich dadurch auch vom Mittelwert der nationalen Partei. Die Solothurner CVP hingegen steht deutlicher links der Mitte, stärker sogar als die Mutterpartei.
Wenn man die Aargauer Nationalrätin Ruth Humbel mit dem Solothurner Nationalrat Stefan Müller-Altermatt vergleicht, dann stechen vor allem die Unterschiede im Bereich Sozialpolitik ins Auge. Ruth Humbel steht dem Sozialstaat weit kritischer gegenüber als ihr Solothurner Amtskollege.
Linke Parteien «streuen» weniger
Bei den Grünen und der SP sind die Unterschiede deutlich geringer. Das sei traditionell so, erklären Smartvote-Experten auf Anfrage.
Immerhin: Die Auswertung der gemitteten Positionen zeigt, dass die Sozialdemokraten in den Kantonen Aargau und Solothurn etwas weniger weit links stehen als im Schweizer Schnitt. Bei den Grünen hingegen politisieren die Aargauer Kandidierenden eher linker, die Solothurner sind mit den nationalen Positionen fast deckungsgleich.
Interessant: Bei den Sozialdemokraten weichen ausgerechnet die höchsten Parteiexponenten von der durchschnittlichen Parteilinie ab. Im Aargau politisiert Co-Präsident Cédric Wermuth am linken Rand, zusammen mit den meisten Jungsozialisten. Auch die Solothurner Parteipräsidentin Franziska Roth steht deutlich weiter links als der Durchschnitt ihrer Partei.
Unterschiede auch bei den Mitteparteien
Weniger markant sind die Unterschiede bei den kleinen Mitteparteien. Die Grünliberalen im Aargau sind sehr stark auf der Linie ihrer Mutterpartei. Bei den Solothurner Grünliberalen ist eine Auswertung schwierig, weil nur gerade vier Kandidierende gemeldet sind und diese politisch relativ stark divergieren.
Die Basis dieser Daten
Auch bei den EVP-Kantonalparteien sind die Unterschiede relativ gering: Die Solothurner EVP steht etwas mehr links als die Aargauer Durschnittskandidierenden.
Die BDP politisiert in den beiden Kantonen Aargau und Solothurn etwas liberaler und rechter als im Schweizer Schnitt. Das heisst konkret: Die Aargauer Bürgerlich-Demokratischen wollen mehr liberale Wirtschaftspolitik, eine etwas stärkere Öffnung in der Aussenpolitik, aber auch mehr «Law and Order». Bei der Solothurner BDP gilt dasselbe, aber in geringerem Ausmass.
Fazit: Es braucht etwas mehr Aufwand als Wähler
Die Auswertung zeigt: Wer das nationale Programm seiner Lieblingspartei kennt und deshalb einfach eine komplette Wahlliste dieser bevorzugten Partei in die Urne wirft, der wählt nicht zwingend Politikerinnen und Politiker, die auch wirklich seine politischen Ansichten teilen. Denn:
- Die Streuung innerhalb der Parteien ist gross: Viele Kandidierende haben deutlich unterschiedliche Positionen, obwohl sie auf derselben Liste stehen
- Parteien unterscheiden sich: Wer in Solothurn eine CVP-Liste in die Urne wirft, der wählt nicht dasselbe, wie wenn man im Aargau die CVP-Liste nimmt
Wer quasi «seriös» wählen will, der muss also auch einzelne Kandidierende etwas genauer anschauen. Immerhin: Mit den verfügbaren Daten ist ein Abgleich der politischen Positionen relativ einfach möglich. Und dann heisst es: Panaschieren und Kumulieren!
(Regionaljournal Aargau Solothurn, 17:30 Uhr)