Seit letztem Jahr richten sich alle deutschsprachigen Kantone nach dem Lehrplan 21, der das neue Fach «Medien & Informatik» verpflichtend macht – auch für den sogenannten «ersten Zyklus».
Damit gemeint sind der Kindergarten und die ersten beiden Schuljahre. Die Kantone entscheiden, ob bei ihnen Medien und Informatik bereits im Kindergarten oder erst ab Primarschule unterrichtet werden.
Kinderwelt ohne Medien ist eine romantische Vorstellung
Viele stellen sich dabei die grundsätzliche Frage: Ist es nötig, so früh «Digitalisierung» zu vermitteln? Sollte man die Kinder nicht lieber vor Computer und Co. schonen, solange es ohne geht?
Die Annahme, dass Kinder ohne Medien- und Computer-Erfahrung in den Kindergarten kommen, sei falsch und «eine romantische Vorstellung», meint Morena Borelli. Die gelernte Primarlehrerin und Pädagogin bildet an der pädagogischen Hochschule Schwyz unter anderem Kindergärtnerinnen und Kindergärtner fürs Fach «Medien & Informatik» aus.
Die meisten Kinder brächten bereits ziemlich viel Erfahrung mit in den Kindergarten, was digitale Geräte und Medien angehe, Schulen hingegen hinkten in vielen Bereichen hinten nach. Deshalb gebe es hier eine grosse Chance, mit den Erfahrungen und dem Umfeld der Kinder zu arbeiten – eben bereits im Kindergarten. Eltern brauchten sich jedoch keine Sorgen zu machen, dass ihre Kleinen im Kindergarten nur noch vor einem Gerät sitzen, beruhigt die Pädagogin.
Digital geht auch analog
Die meisten Themen des Fachs kann man nämlich analog unterrichten, selbst das Programmieren kann man ohne Rechner lernen. Für «Medien & Informatik» müssen Kindergärten also nicht aufrüsten und jedem Kind ein Tablet anschaffen oder Computerräume einrichten.
Die Pädagogen vermitteln den Kindern die grundlegenden Konzepte spielerisch und ihrem Alter entsprechend mit Kochrezepten, Bastelanleitungen oder Tanz-Choreographien. So lernen sie intuitiv, was formale Anweisungen sind. Solche Vorgaben haben Gemeinsamkeiten mit einem Computerprogramm: Wie etwa ein Kochrezept ist auch ein Algorithmus eine Sammlung von Anweisungen.
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Auch dem Konzept «Datenstrukturen» begegneten die Kinder in der realen Welt, erklärt Morena Borelli. «Sie ordnen Dinge nach Eigenschaften wie Farbe, Form oder Grösse mit dem Ziel, sie schneller zu finden.»
Oder sie «programmieren» sich gegenseitig: Ein Kind spielt dazu den Roboter, ein anderes Kind formuliert möglichst genaue Schritt-für-Schritt-Anweisungen, spielt also die Programmiererin. Daraus resultiere bei den Kindern oft die Erkenntnis, dass Roboter ziemlich doof seien, so Borelli, weil man ihnen alles so genau befehlen müsse.
Kleine Spiele-Roboter sind beliebt
Dennoch setzen Kindergärten manchmal auch richtige Roboter ein: Geräte, die einem automatischen Staubsauger ähneln, aber menschliche Züge haben.
Ihm können die Kinder die Schritt-für Schritt-Anleitung übermitteln («programmieren»), die sie vorher beim menschlichen Kinder-Roboter ausprobiert haben – und dann beobachten, wie die Maschine auf die Anweisungen reagiert.
Digitalisierungs-Unterricht im Kindergarten klingt erst einmal wilder, als es ist. Man versucht, digitale Prinzipien spielerisch zu vermitteln – in der Regel ganz ohne Computer, Tablets oder Smartphones.