Das Kinderheim Hermetschwil: Das Heim existiert seit 140 Jahren. Es ist ein Heim für Knaben und junge Männer, die in der Schule oder in der Familie Probleme haben. Die Jugendlichen wohnen gruppenweise in Häusern und gehen in der eigenen Schule in den Unterricht.
Der Dorfpfarrer: Mitte Juni wurde publik, dass (mindestens) ein Heimkind sexuell missbraucht worden ist. Das damalige Opfer erlebte vor 40 Jahren schlimme Übergriffe des Dorfpfarrers. Die Vorgänge schilderte der Mann in verschiedenen Medien. Der Pfarrer habe die Kinder für den Religionsunterricht zu sich ins Pfarrhaus bestellt. Dort hatte er einen Raum eingerichtet mit einem grossen Fernseher. Er habe die Vorhänge zugezogen und habe zusammen mit den Kindern Filme geschaut. Sie seien auf seinem Schoss gesessen und dann verübte er die Übergriffe.
Die Lehrer und Betreuer: Die Heimkinder hätten aber nicht nur Übergriffe des Pfarrers erlebt, sagt das damalige Opfer im Gespräch mit SRF. Gewisse Lehrer und Betreuer hätten gegenüber den Jugendlichen Gewalt ausgeübt. So habe es Kollektivstrafen gegeben, wenn ein Junge etwas angestellt habe. Ihm selber seien Zähne ausgeschlagen worden, so das Opfer, als er einmal von einem Betreuer eine Treppe hinuntergeschleift worden sei.
Die Entschuldigung: Die Heimleitung und das Kloster Muri-Gries (damals zuständig für den Pfarrer) entschuldigten sich Mitte Juni 2018 beim Opfer für die Übergriffe. Und nicht nur beim Opfer, sondern auch bei allen potenziellen Opfern, die sich aber vielleicht noch nicht getraut hätten, sich zu äussern.
Das Learning: Im Juli stellte das Kinderheim sein Konzept vor, mit dem Gewalt und Übergriffe in Zukunft verhindert werden sollen. Das Heim betonte, das Konzept sei nicht eine Reaktion auf die Schilderungen des Missbrauchsopfers. Vielmehr habe man das Konzept schon seit mehreren Jahren. Und basierend auf einer Kultur des bewussten Umgangs mit Gewalt und Übergriffen, habe man entschieden, zur Vergangenheit zu stehen. Man wolle nichts vertuschen, sondern man suche Transparenz, betonten die Verantwortlichen am Donnerstag.
Die Zukunft: Man wolle es aber nicht bei den bestehenden Konzepten bewenden lassen, erklärt Heimleiterin Pia Iff vor den Medien. Vielmehr wolle man selber herausfinden, ob noch mehr passiert sei im Heim oder im Umfeld davon. Man habe deshalb einer Historikerin den Auftrag gegeben, die Archive zu sichten und weitere Fälle zu dokumentieren.