Raphael Fuhrer ist Politiker der Grünen - und Präsident der Umwelt- und Verkehrskommission des Basler Kantonsparlaments. Für ihn ist klar: Um die Klimaziele des Bundes zu erreichen, müssen sich auch die Kantone Ziele setzen - in der Verkehrspolitik. «Der Verkehr ist ein ganz wichtiger Faktor, wenn es um den Klimaschutz ist. Er hat bislang keinen Beitrag dazu geleistet, im Gegensatz zum Wohnen oder zur Industrie. Und es ist höchste Zeit, dass wir auch im Verkehr vorwärts machen, sonst erreichen wir die Klimaziele nicht.»
Die Umwelt- und Verkehrskommission will in einem Gesetz Ziele festlegen für die Basler Verkehrspolitik. Vor allem zwei dieser Ziele sorgen für Diskussionen. Erstens: Bis im Jahr 2050 sollen auf Basels Strassen, ausserhalb der Autobahnen, nur noch - wie es im Gesetzesvorschlag heisst - umweltfreundliche Autos fahren. Sprich: Basel soll sich von fossil betriebenen Fahrzeugen verabschieden. Und zweitens: Alle Autos, auch wenn sie umweltfreundlich sind, sollen geteilt werden.
Es soll nicht mehr nötig sein, ein eigenes Auto zu besitzen.
Fuhrer sagt: «Ziel muss sein, dass es attraktiv ist, Öffentlichen Verkehr, geteilte Autos und Velos zu kombinieren. So dass es nicht mehr nötig ist, ein eigenes Auto zu haben.» Autos zu teilen, das sei notwendig, weil Prognosen besagen, dass der Verkehr zunehme in den kommenden Jahren. Der Platz im dicht besiedelten Stadtkanton sei jedoch begrenzt.
Ob diese Ziele der Kommission im ganzen Basler Kantonsparlament mehrheitsfähig sind, zeigt sich am Mittwoch. Dann wird der Gesetzesvorschlag diskutiert. Die Chancen dazu stehen gut, die rot-grünen Parteien haben eine Mehrheit. Die Bürgerlichen allerdings laufen Sturm gegen den Gesetzesvorschlag - allen voran der Basler Gewerbeverband. Direktor Gabriel Barell findet: «Der Vorschlag ist für uns inakzeptabel, weil er beinhaltet ein faktisches Verbot des Besitzes und des individuellen Benützens von Motorfahrzeugen.»
Das wäre ein faktisches Verbot des Besitzes von Motorfahrzeugen
Vor allem das Ziel, dass alle Fahrzeuge geteilt werden, stösst bei ihm auf Unverständnis. Dies sei für das Gewerbe nicht praktikabel: «Stellen Sie sich einen Unternehmer vor, der morgens zuerst zu einem Sharinghub gehen muss, um einen Lieferwagen zu holen, um diesen dann noch nach seinen Bedürfnissen zu bestücken. Das ist inakzeptabel.» Autos zu teilen - das sei für ihn eine sozialistische Gesellschaftsphantasie, sagt der Gewerbedirektor.
Widar von Arx, Mobilitätsforscher an der Hochschule Luzern, beurteilt die Vorschläge nüchterner. Der Wissenschaftler sagt zum Ziel, bis 2050 Benziner und Dieselautos von Basels Strassen zu verbannen: «Es ist unbestritten, dass die Zeit der fossilen Energieträger im Verkehr abläuft. Vor allem China macht enormen Druck auf Hersteller, dass sie emmissionsfreie Fahrzeuge produzieren. Daher dürfte dieser Zustand im Stadtverkehr schon vor 2050 erreicht sein.»
Benzinautos dürften bis 2050 ohnehin von den Stadtstrassen verschwunden sein
Andere europäische Städte wie Paris, Amsterdam und Oslo würden ebenfalls vorwärts machen beim Abschied von fossil betriebenen Fahrzeugen. Auch Autos zu teilen, sei im Trend. Ob das allerdings mehrheitsfähig sei, das wisse er nicht.
Die Basler Verkehrsziele seien grundsätzlich erreichbar, sagt der Mobilitätsforscher. Es stelle sich aber die Frage, ob es sinnvoll sei, wenn einzelne Kantone Benzinautos verbannen wollen, andere nicht. Zumal man mit Autos häufig die Kantonsgrenzen überquert.