Im Umfeld des Kinderspitals Zürich (Kispi) rumort es seit Wochen. Recherchen von «10vor10» zeigen, dass unter Ärzten ein Streit tobt. Dies sei gerade auch für die Eltern von Patienten spürbar und belastend, berichtet ein Ehepaar, das im Kispi seine Tochter verloren hat.
Sina Therese Weckermann wurde nur drei Monate alt. Die Tochter von Daniel und Johnna Weckermann kam Ende Jahr im Universitätsspital Zürich zur Welt. Aufgrund einer schweren Krankheit mit Herzleiden wurde das Kind umgehend nach der Geburt ins Kinderspital verlegt. Dort verstarb es am 25. März.
Der Schicksalsschlag hat die Eltern schwer getroffen. Im Interview stellen sie klar, dass sie keinesfalls einen Schuldigen für den Tod ihres Kindes suchen wollen. Man müsse akzeptieren, dass ihre Tochter schwer krank geboren wurde, das Kispi treffe keine Schuld.
Spannungen unter den Ärzten
Allerdings sei das angespannte Verhältnis unter den Ärzten spürbar und sehr belastend gewesen, berichtet das Ehepaar. Interne Differenzen unter den Teams hätten beispielsweise dazu geführt, dass wichtige Informationen zwischen den Abteilungen verloren gegangen seien. Zudem seien Einwände und Fragen der Eltern zu wenig wahrgenommen worden.
Es liege ihm am Herzen, zu informieren, dass im Kinderspital Zürich zurzeit vieles nicht rund laufe, sagt der betroffene Vater Daniel Weckermann: «Dazu gehören zwei Aspekte: Die internen Differenzen zwischen den Teams, die für die Eltern im Verlauf der Behandlung ersichtlich werden. Und auf der anderen Seite die Tatsache, dass das Kinderspital schlecht mit den Eltern kommuniziert», so der Vater. «Das Kinderspital hat Probleme, mit Eltern umzugehen, die eine ganz klare Meinung zur Behandlung ihrer Kinder haben, und auch Einwände kundtun.»
Kommunikation muss verbessert werden
Zwist unter Fachärzten gibt es am Kinderspital offenbar schon länger. Gemäss Recherchen von «10vor10» haben Machtkämpfe von Ärzten verschiedener Abteilungen unter anderem dazu geführt, dass der damalige Leiter der Herzchirurgie, Michael Hübler, das Spital im November verlassen musste. Das Spital und Hübler haben über die Trennung Stillschweigen vereinbart.
Fehler seien aber in der Vergangenheit gerade im Bereich der Kommunikation geschehen, gibt Martin Meuli, Direktor der Chirurgischen Klinik, unumwunden zu.
Klinik-Direktor Meuli will, dass man bei der Behandlung gut zusammenarbeitet: «Die interdisziplinären Teammitglieder sollten, wenn immer möglich, gemeinsam eine Strategie festlegen und sagen, was diagnostisch gemacht wird, was therapeutisch gemacht wird, was die Gründe dafür sind. Und sie sollten sich idealerweise darauf einigen, wie das Wording gegenüber den Eltern ist.»
Weil Fehler passiert seien, «wollen und müssen und sind wir auch dabei, an diesen Kommunikationsverbesserungen zu arbeiten», sagt Meuli.
Einfühlsam trotz allem
Das Ehepaar Weckermann möchte trotz der Kritik am Kinderspital mit dem Tod seiner Tochter abschliessen. Die beiden haben deshalb auch bewusst auf eine Obduktion verzichtet. Beeindruckend und emotional sei gewesen, dass die Ärzte beim Ableben ihrer Tochter sehr einfühlsam gewesen seien und mit ihnen getrauert hätten – auch jene, mit denen sie während der belastenden Zeit im Kinderspital Differenzen hatten.
In den letzten Lebensstunden ihrer Tochter seien sie gestützt worden, sagt Mutter Johnna Weckermann: «Die ganze Abteilung hat die Türen geschlossen, so dass uns niemand beim Trauern stören konnte. Und die Ärztin unserer Tochter hat mit uns um sie geweint. Sie hat Sinas Hand gehalten, als sie gestorben ist.»