Chatten Sie schon oder googeln sie noch? Chatbots werden immer beliebter: Denn ChatGPT und Co. liefern ausformulierte Antworten statt nur weiterführender Links wie bei einer Google-Suche. Graben die KI-Bots Google das Wasser ab? Antworten von SRF-Digitalredaktor Guido Berger.
Hat Google eine Chance gegen KI-Bots?
Die Einschätzung, dass Chatbots Google überflüssig machen, beruht auf fehlerhaften Annahmen. Eine davon: OpenAI schaffe mit ChatGPT etwas, zu dem Google nicht in der Lage sei. Dabei wurde ein beträchtlicher Teil der Technologie, die in ChatGPT steckt, bei Google entwickelt. Eine zweite Fehleinschätzung: Google mache genau das gleiche wie ChatGPT, das in einem Dialog auf Fragen antworten kann.
Google macht aber etwas anderes. Prioritär beantwortet es nicht konkrete Fragen, die einer Antwort bedürfen. Es handelt sich eher um eine Abkürzung im Internet: Die Nutzerinnen und Nutzer erfahren etwa, wo sie Informationen zum Wetter finden oder werden auf Applikationen wie Whatsapp weitergeleitet. Mit Abstand die meisten Suchanfragen bei Google finden aus einem einfachen Grund statt: Die Leute sind zu faul, den Namen einer Webseite einzutippen.
Ist das Geschäftsmodell von Google am Ende?
Keineswegs. Google hat ein sehr gutes Geschäftsmodell: Es beantwortet Suchanfragen und zeigt Werbung an. Die Dominanz im Werbemarkt ist der Hauptgrund für den Reichtum des Mutterkonzerns Alphabet. Ein Geschäftsmodell, mit dem sich richtig viel Geld verdienen lässt, fehlt den grossen KI-Anbietern bislang. Es kann aber sein, dass ChatGPT und Co. Google in Zukunft auch kommerziell gefährlich werden.
Voraussetzung dafür ist, dass sich das Nutzungsverhalten ändert. Wenn KI-Assistenten künftig etwa Flüge für uns buchen und Preise vergleichen, können wir uns den Umweg über Google sparen. All diese Schritte nehmen wir heute selber vor und Google lotst uns dafür auf diverse Webseiten. Es wäre also denkbar, dass Google dadurch Marktanteile verliert. Die KI-Assistenten sind heute allerdings weit davon entfernt, solche komplexen Aufgaben zuverlässig zu erledigen.
Wo steht Google im KI-Wettrennen?
Ein Entweder-oder gibt es für Google in diesem Bereich nicht. Der Techgigant hat jederzeit die Ressourcen und das Know-how, um im KI-Markt mitzumischen und ähnliche Funktionen anzubieten. Erst im Mai hat der Konzern vorgestellt, wie er KI-Anwendungen in die Google-Suche integrieren will. Der Slogan: «Wir erledigen das Googeln für sie.»
Mit seinem eigenen KI-Modell Gemini ist Google mittendrin im KI-Rennen. Der Chatbot kann in seiner neuesten Version direkt mit Menschen interagieren. Auch viele andere Unternehmen entwickeln derzeit KI-Systeme. Die grossen Anbieter wie Google, OpenAI, Microsoft, Apple sowie einige chinesische Unternehmen haben den Vorteil, dass sie über sehr viele Daten und Rechenleistung verfügen.
Wohin geht die KI-Reise?
In welche Richtung sich der Markt entwickelt, ist derzeit völlig offen. Eine entscheidende Frage wird sein: Ist KI ein Produkt oder ein Feature? Google oder auch Apple wollen KI beispielsweise eher als Feature innerhalb verschiedener Produkte einsetzen. ChatGPT setzt eher darauf, dass es ein eigenständiges Produkt ist, das ausschliesslich als App verwendet wird. Die Zukunft wird zeigen, wer recht hat.