ChatGTP besteht aus einem einzigen Textfeld. Tippt man in dieses Feld den Satz «Wie würdest Du Dich einem Radiopublikum beschreiben?», antwortet die Software nach wenigen Sekunden: «Da ich ein Computerprogramm und kein lebender Organismus bin, kann ich mich selbst nicht direkt einem Radiopublikum beschreiben.»
Das ist beeindruckend. ChatGPT scheint die gestellte Aufgabe zu verstehen. Sie weiss, dass mit «Du» und «Dich» sie selbst gemeint ist. Sie weiss anscheinend auch, dass sie nicht sprechen kann, und dass das für ein Radiopublikum problematisch ist.
Schreibt wie ein Mensch
«Meine Hauptaufgabe besteht darin, […] möglichst natürlich klingende Antworten zu generieren», fährt die KI in perfektem Deutsch fort. Dieses Versprechen kann ChatGPT offenbar einlösen. Auch die Aufgabe, einen Brief zu texten, meistert die KI mit Bravour.
Statistik statt denken
Damit der Algorithmus so gut schreiben kann, wurde er mit Millionen von Texten trainiert. Daraus entstand ein statistisches Modell, das Wortfolgen berechnen kann. ChatGPT nutzt dazu einen sogenannten Transformer, ein neuronales Netzwerk, das 2017 von KI-Spezialisten und Programmiererinnen bei Google entwickelt wurde. Anders als die Vorgänger, stellt ein Transformer Worte in einen grösseren Zusammenhang.
Doch trotz dieser Neuerung begreift ChatGPT weder denn Sinn der Fragen noch den Sinn der eigenen Antworten. «ChatGPT ist gut für Standardtexte, da braucht man auch nicht mehr viel zu ändern», meint Benjamin Greve, Professor für Neuroinformatik an der ETH Zürich.
ChatGPT kann noch mehr als bloss Briefe schreiben, zum Beispiel Dialoge. Diese Vielseitigkeit sei neu, sagt Grewe, der selbst zu KI forscht.
Nach eigenen Angaben verfügt die KI auch über breites Wissen. Doch da versagt die Software: In der Antwort auf die Frage, wer Maja Winteler war, ist mindestens die Hälfte der Fakten falsch.
Die perfekt polierte sprachliche Oberfläche täuscht über den fehlerhaften Inhalt hinweg. Dieser Eindruck wird durch andere Anfragen bestätigt: Laut ChatGPT hiess Mani Matter eigentlich Emil Rudolf Weiss und war Lehrer und Journalist – in Wirklichkeit war er Jurist und Matter sein richtiger Name.
Zukunftsmusik: persönlicher Assistent und Suchmaschine
OpenAI, das Unternehmen hinter ChatGPT, arbeitet bereits an der nächsten Version der KI, die mit einem Mehrfachen an Textmaterial trainiert wird. Leute aus dem Silicon Valley, die die neue Software schon testen konnten, sind tief beeindruckt.
Falls ChatGPT seine Kinderkrankheiten ablegen kann, hat die Software grosses Potenzial: Man könnte damit das Internet auf eine neue Art durchsuchen. Als Antwort auf eine Frage erhält man von ChatGPT einen Text, der die wesentlichen Aussagen verschiedener Quellen zusammenfasst – Zeitungsberichte, Blogposts oder Abschnitte aus der Wikipedia. Das spart das Klicken auf verschiedene Links im Suchresultat und das zeitraubende Lesen der einzelnen Artikel.
Denkbar ist auch ein persönlicher Assistent, dem man einen Auftrag gibt und der dann etwa selbständig Einladungen verschickt, Termine überwacht oder eine Reise buchen kann.
Doch davon ist die aktuelle Version 3.5 von ChatGPT noch weit entfernt. Vor deren Schwächen warnt denn auch kein Geringerer als Sam Altman, CEO bei OpenAI, in einem Tweet: «ChatGPT ist unglaublich begrenzt, aber gut genug für einige Dinge, um einen irreführenden Eindruck von Grösse zu erwecken.»
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