Im schlimmsten Fall kann eine Fahrt in einem Auto mit zu alter Bremsflüssigkeit tödlich enden. Dies zeigt ein Unfall im August 2003 am Gurnigelpass im Kanton Bern. Ein Kleinbus mit sechzehn Insassinnen und Insassen kam damals von der Strasse ab, stürzte über eine Böschung und überschlug sich mehrmals. Drei Frauen starben, zahlreiche weitere Personen wurden teilweise schwer verletzt. Grund für den Unfall: Der Fahrer konnte nicht mehr bremsen. Der Halter des Busses hatte die Bremsflüssigkeit nicht sachgemäss ausgetauscht.
Man überlegt sich dann schon, ob man noch einmal in ein Auto mit einem solch schlechten Messwert steigen möchte.
Die Bremsen von «Kassensturz»-Zuschauer Sven Glors Auto haben glücklicherweise noch funktioniert, obwohl er mit längst überfälliger Bremsflüssigkeit herumgefahren ist. Nur durch Zufall hat er gemerkt, dass die Qualität der Bremsflüssigkeit nicht mehr in Ordnung war. Und ein anschliessender Blick ins Serviceheft bestätigte, dass gleich mehrere Garagisten beim Service seines Autos auf einen Bremsflüssigkeitswechsel verzichtet hatten. In diesem Moment habe er sich nicht mehr sicher gefühlt: «Man überlegt sich dann schon, ob man noch einmal in ein Auto mit einem solch schlechten Messwert steigen möchte.»
Wechsel der Bremsflüssigkeit: alle zwei Jahre
Ein Versäumnis der Garagen. Denn die meisten Autohersteller schreiben in ihren Servicebüchern, dass die Bremsflüssigkeit im Intervall von zwei Jahren gewechselt werden sollte. Vorzugsweise nicht im Alleingang, sondern durch eine Garage.
Es gibt keinen Spielraum. Man macht den Bremsflüssigkeitswechsel alle zwei Jahre.
Auch für Reto Blättler, Experte TCS, ist klar: «Es gibt keinen Spielraum. Man macht den Bremsflüssigkeitswechsel alle zwei Jahre.» Die Bremsflüssigkeit ist ein sicherheitsrelevanter Bestandteil des Bremssystems. Vereinfach gesagt, gibt sie den Impuls des gedrückten Bremspedals über Leitungen an die Bremsklötze an den vier Rädern weiter.
Hitzebeständig und wasseranziehend
Der Grund für den regelmässig erforderlichen Wechsel liegt in zwei Eigenschaften der Bremsflüssigkeit. Zum einen hat sie einen sehr hohen Siedepunkt von ungefähr 280 Grad Celsius. Dies ist darum wichtig, weil es beim Bremsen sehr heiss werden kann: Die Bremsklötze reiben an den drehenden Rädern.
Zum anderen zieht Bremsflüssigkeit Wasser an und nimmt beispielsweise Feuchtigkeit aus der Luft auf. Je älter die Bremsflüssigkeit ist, desto mehr Wasser bindet sie an sich. Und desto tiefer sinkt ihr Siedepunkt. Wenn durch intensives Bremsen viel Wärme entsteht, kann das in der Bremsflüssigkeit angesammelte Wasser zu sieden beginnen. Dadurch bilden sich Dampfblasen, welche im Extremfall den Bremsdruck verhindern können: Die Bremsen versagen.
Zur Sicherheit: Blick ins Serviceheft
«Kassensturz» kontaktiert die zwei Garagen, die bei Sven Glors Auto die letzten beiden Services gemacht haben. Die Garage A. Vergari in Dietikon im Kanton Zürich will trotz mehrmaligem Anfragen seitens «Kassensturz» keine Stellung nehmen. Und die Werkstatt KS Motorsport im bernischen Riggisberg ist nicht mehr auffindbar.
Mittlerweile liess Sven Glor die Bremsflüssigkeit bei seinem Auto austauschen und hat für sich die einfache Lehre gezogen, «dass ich das Servicebuch nach dem Service prüfe und den Garagisten gegebenenfalls darauf anspreche, wenn etwas nicht gut wäre.»