Mit Evita hat alles angefangen auf der Thunerseebühne. Seither wurden 16 Musicals aufgeführt, darunter West Side Story, Aida oder Cats und auch Eigenproduktionen wie Dällebach Kari oder der Besuch der alten Dame. Der Architekt und Unternehmer Res Stucki und Theater-Regisseur Ueli Bichsel hatten die Idee dazu. Nach dem Tod von Mitgründer Res Stucki hat seine Frau Elsbeth Jungi Stucki das Ruder übernommen. Nach sechs Jahren als Verwaltungsratspräsidentin hat die 63-Jährige nun die Thunerseespiele verkauft.
SRF News: Elsbeth Jungi, Sie hören auf einem Höhepunkt auf. Mamma Mia, das Musical, das diesen Sommer auf der Thunerseebühne lief, war so erfolgreich wie kaum eine Produktion vorher. Warum gerade jetzt?
Elsbeth Jungi: Man soll auf dem Höhepunkt aufhören, heisst es doch so schön. Es ist auch eine Entlastung. Die Thunerseespiele finanzieren sich zu 80 Prozent über Eintritte. Der Rest kommt von Sponsoren. Und wenn die Leute nicht kommen, fehlt das Geld in der Kasse. Das war nicht immer einfach.
Sie haben das Verwaltungsratspräsidium übernommen, nachdem Ihr Mann gestorben ist. War immer klar, dass Sie einsteigen?
Wie ich einsteigen werde, war nicht so klar. Ich wurde da etwas ins kalte Wasser geworfen. Ich habe das ja nicht gelernt. Ich bin von Beruf Pflegefachfrau. Aber ich hatte gute Leute um mich, die mir auch zeigten, dass es mit den Thunerseespielen weitergehen muss.
Die Musicalglitzerwelt und ihre Arbeit auf der Onkologie im Spital – wie war das, sich in zwei so verschiedenen Welten zu bewegen?
Ich hatte immer den Eindruck, die Onkologie bringe mich wieder auf den Boden. Doch es wurde terminlich immer schwieriger, beides aneinander vorbeizubringen. Darum habe ich vor zwei Jahren aufgehört im Spital. Auch inhaltlich hat mich die Arbeit auf der Onkologie zunehmend belastet, da ja auch mein Mann an Krebs gestorben ist.
Sie standen früher selber als Laienschauspielerin auf der Bühne. Warum nicht auch auf der Thunerseebühne?
Die Laienschauspieler und -schauspielerinnen auf der Thunerseebühne müssen singen können. Das kann ich nicht. Zudem ist das Ganze eine andere Liga als das was ich auf der Theaterbühne in Rüfenacht gespielt hatte.
Die Idee zu den Thunerseespielen ist nach einem Besuch der Bregenzer Festspiele entstanden. War für Sie immer klar, ‹das unterstütze ich›?
Ja, ich fand es eine gute Idee. Aber ich hatte auch Zweifel. Mein Mann hatte ein Architekturbüro, war noch Schafzüchter.
Wann willst du das alles noch machen?
Und ich fragte ihn, ‹Wann willst Du das alles noch machen?›. Aber wenn er etwas im Kopf hatte, konnte man ihn nicht davon abbringen.
Was war für Sie in den 16 Jahren der persönliche Höhepunkt auf der Bühne?
Das Musical Dällebach Kari, die erste Eigenproduktion. Das war eine emotionale Sache. Mein Mann ist während der Vorbereitungen krank geworden. Die Premiere konnte er nicht miterleben.
Musicals werden oft als seichte Unterhaltung qualifiziert. Wenig Gehalt, oberflächlich und kitschig. Keine Kultur. Trifft Sie solche Kritik?
Viele Leute wissen gar nicht, was hinter einem Musical steht. Die Darstellerinnen und Darsteller müssen singen und tanzen können. Für mich sind Musicals etwas sehr Hochstehendes. Und es freut mich, dass immer mehr Leute das auch so sehen.
Jetzt treten Sie ab, werden noch mit dem Thunpreis geehrt. Was bedeutet das Ihnen?
Das freut mich sehr. Es ist eine grosse Genugtuung. Aber ich bin ja nicht ganz weg. Ich werde noch als Botschafterin tätig sein.
Es ist schön aufzuhören, und doch noch ein bisschen bleiben zu können.
Ich gehöre ja irgendwie zu den Thunerseespielen. Sie waren ein Herzensprojekt von mir und meinem Mann. Es ist schön so aufzuhören, und doch noch ein wenig bleiben zu können.
Das Gespräch führte Brigitte Mader.