SRF: Sie kümmern sich schon lange um die Sorgen von Muslimen. In welchen Situationen werden Sie als Seelsorger gebraucht?
Muris Begovic: Da gibt es unzählige Beispiele: ein Kind ertrinkt im Schwimmbad, ein Familienmitglied wird plötzlich schwer krank oder steht an der Schwelle des Todes und die Familie muss entscheiden, ob die Geräte abgestellt werden.
Im Vorfeld konnte man lesen, es gebe im Islam keine Seelsorger. Stimmt das?
Es gibt keine Institutionen. Die Seelsorge gibt es sehr wohl. Ein Imam war der Seelsorger der Gemeinde. Viele Musliminnen und Muslime in Zürich gehören zwar keiner Gemeinschaft an. In Notsituationen stellen sich dann aber plötzlich Sinnesfragen und die Menschen haben das Bedürfnis nach einem Seelsorger.
Der Kanton möchte zehn Seelsorger ausbilden. Braucht es sie alle?
Ich bin seit zehn Jahren Seelsorger. Die Belastung wiegt schwer. Ich freue mich auf den Zeitpunkt, wenn wir zehn Seelsorger haben und die Last auf verschiedene Schultern verteilt wird.
Was ist das wichtigste bei der Ausbildung?
Ich möchte nicht einen einzelnen Punkt herausgreifen. Mir ist es vor allem wichtig, dass ein Seelsorger seine eigenen Überzeugungen – religiöse oder politische – in den Hintergrund stellen kann.
Gibt es genug Leute, die die Ausbildung machen wollen?
Davon bin ich überzeugt. Im Vorgängerprojekt «Muslimische Notfallseelsorge» hatten wir sehr viele Bewerber.
Das Gespräch führte Nadine Markwalder.