Kein Herumrennen, kein Rufen, vielleicht ein leises Sprechen. So ist das im Schulhaus Sandgruben, wenn die grosse Pause fertig ist und die Schüler zurück an ihre Plätze gehen. Hier im Atelier arbeiten die Schülerinnen und Schüler selbständig, alleine oder in der Gruppe.
Bis zu 60 Jugendliche lernen hier. Lehrer Samuel Steiner coacht mit einer anderen Lehrkraft die Jugendlichen: «Die Schüler entscheiden selber, welches Fach sie bearbeiten wollen. Sie planen und teilen die Zeit selber ein.» Und: Die Schüler erklären sich den Stoff gegenseitig.
Gemischte Bilanz nach einem Jahr
Samuel Steiner räumt ein, dass die Schüler am Anfang mit der Selbständigkeit Mühe hatten. Aber jetzt, am Ende des Schuljahres, habe sich das eingespielt.
In wichtigen Fächern wie Deutsch oder Mathematik ist diese Form von Arbeiten im Schulhaus Sandgruben der Normalfall. Der klassische Unterricht, in dem der Lehrer vorne steht, die Ausnahme.
Die Lehrer wissen, wer an welchem Stoff arbeitet. Die Schüler tragen ein, woran sie gerade sind. Auch Pausen werden aufgeschrieben.
Nicht jede Schule geeignet
Die Fachhochschule in Brugg (AG) forscht zu neuen Unterrichtsformen. Michele Eschelmüller leitet die Beratungsstelle für Unterrichtsentwicklung. Laut ihm ist der Unterricht in reinen Jahrgangsklassen nicht mehr die einzig mögliche Form.
Lange ist man davon ausgegangen, dass nur eine homogene Schule eine moderne ist.
Alters- und leistungsdurchmischter Unterricht sei die Antwort auf unsere Gesellschaft, die immer durchmischter wird. Und doch – diese spezielle Unterrichtsform passe nicht an jeden Ort.
«Es müssen viele Voraussetzungen erfüllt sein, damit so unterrichtet werden kann. Es braucht entsprechende Schulräume, Lehrmittel, eine Schulleitung, die das Ganze mitträgt», sagt Eschelmüller. Seien diese Voraussetzungen nicht erfüllt, sei es besser, wenn man beim alten System bleibe.
Gewinn liegt im Sozialen
Im Fall vom Schulhaus Sandgruben stehen auch die Schüler, Lehrer und Eltern hinter diesem System. Eine gross angelegte interne Befragung hat gezeigt, dass das System vor allem als Gewinn im sozialen Bereich wahrgenommen wird.
«Es gibt eine Beruhigung, einen Gewinn untereinander, weniger Ausgrenzung. Die speziellen Schüler finden sich eher, wenn drei Klassen zusammen sind. Es bleibt nicht einer übrig. Das erlebt man als Gewinn», sagt Götz Arlt, Schulleiter im Schulhaus Sandgruben. Allerdings sei die Bilanz bezüglich der Leistungen noch nicht gleich gut.
Zu einem ähnlichen Schluss kommen internationale Studien: Alters- und leistungsdurchmischte Unterrichtsformen sind inspirierend und fördern die Sozialkompetenz. Bessere Noten gibt es deswegen nicht.