«Da bleibt kein Stein auf dem andern», sagt Dalia Schipper, die Co-Direktorin des Hilfswerks Caritas. Ihre Organisation müsse sich in Zukunft komplett verändern, sagt sie mit Blick auf die Neuerungen, die im bernischen Flüchtlingswesen anstehen.
Fünf Organisationen sollen künftig das Flüchtlingswesen im Kanton Bern noch betreuen; je eine pro Region. Sie soll Unterkünfte leiten, Sozialhilfe leisten, Bildung und Jobs organisieren. So will es ein neues Konzept im Kanton Bern, das die Neustrukturierung des Asyl- und Flüchtlingsbereichs zum Ziel hat.
Grosser Verdrängungskampf
Unter den vielen Flüchtlingsorganisationen im Kanton herrscht Nervosität. Sie können sich bewerben auf die fünf Aufträge, die der Kanton vergeben will. Aber nicht alle werden zum Zug kommen.
Wir müssen ausbauen oder komplett abbauen.
Für Caritas heisse das, dass man entweder ausbauen werde – oder komplett abbauen, sagt Dalia Schipper. Gut siebzig Personen arbeiten im Flüchtlingsbereich bei Caritas. Sie betreuen gegen 2000 Flüchtlinge, leisten Sozialhilfe, organisieren Wohnungen, helfen bei der Stellensuche.
Um die Arbeit weiterführen zu können, hat sich Caritas in allen fünf Regionen im Kanton Bern für ein Mandat beworben, auch im Berner Oberland.
Uns kann die Neuorganisation die Existenz kosten. Aber wir sehen den Sinn dahinter.
Dort ist Caritas Konkurrentin des Vereins Asyl Berner Oberland, der rund 1000 Flüchtlinge betreut. Die Ausschreibung sei tatsächlich mit einer Daseinsfrage verbunden, sagt Geschäftsleiter Christian Rohr: «Wir wissen, dass uns diese Ausschreibung die Existenz kosten kann.»
Trotzdem sehe man den Sinn in der Neustrukturierung: «Das System ist heute zu kompliziert, es hat Brüche in den Verantwortlichkeiten bei der Integration.» Daher mache eine Konzentration auf einen Anbieter Sinn.
Dass der Flüchtlingsbereich einfacher organisiert sei, das sei sicher ein Ziel, sagt Pierre-Alain Schnegg, Gesundheits- und Fürsorgedirektor im Kanton Bern. Doch es gehe um mehr: «Es muss uns gelingen, mehr Flüchtlinge zu integrieren.» Heute sei die Quote zu tief. Nur gerade zehn Prozent der Flüchtlinge seien nach mehreren Jahren unabhängig von der Sozialhilfe. Das müsse ändern.
Erfolgskontrolle bei Integration
Für die Bewerber auf ein Mandat im Flüchtlingsbereich bedeutet das Erfolgsdruck. Sie müssen aufzeigen können, wie sie die berufliche Integration schaffen wollen. Der Kanton wird den Erfolg kontrollieren und auch die Finanzierung damit verknüpfen: Weniger Erfolg, weniger Geld.
Caritas hat sich deshalb mit einer Partnerorganisation beworben, die in der Arbeitsintegration tätig ist. Und Asyl Berner Oberland hat bereits vor gut einem Jahr ein Projekt gestartet, das Flüchtlinge bilden und in den Arbeitsmarkt bringen soll.
Der Ideenwettbewerb spielt also. Im ersten Halbjahr 2019 wird bekannt, welche fünf Organisationen zum Zug kommen – und wer den Verdrängungskampf verliert.