94 Jahre alt wurde Oskar Kokoschka. Sein Leben verlief alles andere als gewöhnlich. Zuerst überlebte er einen Kopfschuss, dann heiratete er in einem Luftschutzkeller. Nun widmet das Zürcher Kunsthaus Oskar Kokoschka, einem der grössten Expressionisten des 20. Jahrhunderts, die erste Einzelausstellung seit mehr als dreissig Jahren. Christoph Becker, Direktor des Kunsthauses Zürich, über die neue Ausstellung:
SRF: Weshalb haben Sie sich entschieden Kokoschka zu zeigen im Kunsthaus?
Christoph Becker: Es gibt verschiedene Gründe. Kokoschka und die Schweiz haben eine grosse biografische Verbindung. Das Kunsthaus Zürich hat auch immer wieder Ausstellungen gemacht mit Werken von Kokoschka – das ist aber schon eine Weile her. Und über die Zeit verändert sich auch der Blick auf einen Künstler.
Kokoschka hatte ja auch ein sehr turbulentes Leben. Floss dies in seine Werke ein?
Er hat wirklich viel erlebt. Er war Soldat im Ersten Weltkrieg. Er kehrte verletzt aus dem Krieg zurück, kämpfte auch mit psychischen Problemen. Den Zerfall von Europa während des Nationalsozialismus und das Wiedererstarken nach dem Zweiten Weltkrieg hat Kokoschka sehr genau miterlebt und deshalb auch in seiner Kunst immer wieder abgebildet.
Könnte man sagen, dass diese Ausstellung nicht einfach eine grossartige Bildershow ist, sondern eine, die auch ein wichtiges Kapitel der europäischen Geschichte erzählt?
Die Ausstellung ist mehr als ein Bilderreigen. Sie gibt auch gute und unterhaltsame Einsichten in die verschiedenen Schaffungsphasen und in die Lebensstationen des Künstlers. Die vielen Zeichnungen, Skizzenbücher, Fotografien und Briefe geben den Besucherinnen und Besuchern einen guten Einblick – um Kokoschka wieder und auch neu kennenzulernen.
Das Gespräch führte Cordelia Fankhauser.